24. April 2022 / Aus aller Welt

Bilanz zum Tag des Baumes: Den Wäldern geht es schlecht

Trockenheit, Stürme und Käfer haben in den letzten Jahren große Schäden in den Wäldern angerichtet. Die Aufforstung wird Jahre dauern, auch wenn die Ausgangslage nun ein wenig günstiger ist.

Deutschlands Wäldern geht es schlecht - nun sollen sie «umgebaut» werden.

Die Aufforstung in den von Trockenheit und Stürmen schwer geschädigten deutschen Wäldern wird voraussichtlich noch Jahre dauern.

In diesem Jahr stehen in den 16 Ländern etwa 55.000 Hektar zur Aufforstung an, wie der Waldeigentümer-Verband AGDW zum Tag des Baumes (25. April) auf Anfrage mitteilte. Das bedeutet, dass in diesem Jahr nur auf einem Teil der Kahlflächen junge Bäume gesät beziehungsweise gepflanzt werden.

Denn das Bundeslandwirtschaftsministerium geht im Ende März veröffentlichten Waldzustandsbericht davon aus, dass bundesweit etwa 380.000 Hektar wiederbewaldet werden müssen.

Ausgangslage in diesem Frühjahr besser

In diesem Frühjahr ist die Ausgangslage für die Waldbäume etwas besser, da das vergangene Jahr weniger trocken und der Winter eher nass war. «Die Schadensdynamik ist leicht zurückgegangen», sagte Josef Ziegler, der Vizepräsident der Waldeigentümer. «Wenn jetzt ein normaler Sommer folgt, werden sich die Wälder wieder ein wenig erholen können.»

Doch hängt die Entwicklung maßgeblich vom Wetter ab, wie Förster und Fachleute betonen. Im April beginnt die erste Generation der Borkenkäfer auszufliegen, die insbesondere Fichten befallen und geschwächte Bäume schnell zum Absterben bringen können. Sollte es wieder ein trockenes Jahr werden, würde das die Ausbreitung der Käfer begünstigen.

Schäden regional sehr unterschiedlich

Beispiel Nordrhein-Westfalen: Im größten Bundesland sind in den vergangenen Jahren 115.000 Hektar Wald der Dürre und dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Das sind nach Angaben des Landesforstbetriebs Wald und Holz NRW in Münster gut zwölf Prozent der nordrhein-westfälischen Waldfläche. «Einerseits läuft die Aufforstung auf Hochtouren», sagt ein Sprecher. «Andererseits gehen wir nicht davon aus, dass die Borkenkäferkalamität beendet ist.»

Die Situation sei regional sehr unterschiedlich, heißt es bei den Waldeigentümern. «Die Waldbesitzenden in den Hauptschadensgebieten in NRW, Hessen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen und Nordbayern haben nach wie vor mit den Folgen der drei Dürrejahre und der Unkalkulierbarkeit der Entwicklung der Klimakrise zu kämpfen», sagt eine Sprecherin. «Schadflächen müssen wiederbewaldet werden, die Sorge vor Folgeschäden wie einem erneuten Borkenkäferbefall ab Mai ist in diesen Regionen groß.»

Günstiger ist die Ausgangslage vor allem im Süden Bayerns. Die Bayerischen Staatsforsten rechnen in diesem Jahr mit einem Rückgang der Käferschäden im Freistaat.

Doch weiter nördlich klingen die Landesforstbetriebe weniger optimistisch. Dort haben auch die Winterstürme größere Schäden verursacht als im Süden.

Von Borkenkäfern befallene Bäume müssten so schnell wie möglich gefällt und aus dem Wald herausgeschafft werden, heißt es bei Wald und Holz NRW.

Borkenkäfer großes Problem

Dazu kommen dann noch die im Boden überwinternden Borkenkäfer - geschätzt bis zu 1,3 Millionen Tiere pro Hektar. «Von einer Entwarnung kann also keinesfalls die Rede sein», sagt der Sprecher. Borkenkäfer fliegen demnach ab einer Temperatur von 16,5 Grad aus. «200 Borkenkäfer können eine gesunde Fichte töten.»

Käfer und von Stürmen niedergeworfene Bäume sind das aktuelle Problem, dahinter stehen jedoch die langfristigen Veränderungen von Wetter und Klima, die den deutschen Wäldern zusetzen. Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass die Sommer dauerhaft trockener werden und Stürme häufiger und stärker auftreten.

Aufgabe: Wälder «umbauen»

Das bedeutet, dass Forstbetriebe und Waldbesitzer bundesweit vor der Aufgabe stehen, die Wälder «umzubauen» - also Bäume zu pflanzen, die Trockenheit vertragen und nach Möglichkeit auch starken Windböen besser widerstehen. Konkret bedeutet das unter anderem, weniger Fichten nachzupflanzen. Außerdem suchen Förster und Forstwissenschaftler international in gemäßigten Breiten nach Baumarten, die für die Anpflanzung in Deutschland in Frage kommen.

Die Kosten des Waldumbaus werden auf zweistellige Milliardensummen geschätzt. Da viele private Waldbesitzer in den vergangenen Jahren Verluste gemacht haben, fordern die Waldeigentümer staatliche Zuschüsse. «Viele Baumarten werden das künftige Klima nicht überstehen», sagt AGDW-Vize Ziegler. «Mischwälder mit wärmetoleranten Baumarten müssen so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden.»


Bildnachweis: © Carsten Hoefer/dpa
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