2. Mai 2024 / Aus aller Welt

Wie im Backofen: Rekord-Hitzewelle von Thailand bis Vietnam

Rote Köpfe von Bangkok bis Manila: El Niño hat Teile Asiens in einen Backofen verwandelt. Gefühlte Werte von über 50 Grad sind nicht nur für die Gesundheit gefährlich - sie haben noch weitere Folgen.

Im Schatten und mit Ventilator: Eine Frau in Bangkok versucht, sich sich abzukühlen.

Die Menschen in Bangkok bewegen sich in diesen Tagen langsam. Ganz langsam. Verkäufer in den Garküchen fächeln sich mit allem, was sie zur Hand haben, Luft zu. Touristen laufen mit hochroten Köpfen und schweißnassen T-Shirts durch den Wat Arun und andere berühmte Tempelanlagen. Eine unerträgliche Hitzewelle hat die thailändische Hauptstadt und viele andere Landesteile seit Wochen fest im Griff und will einfach nicht enden. Anderen Ländern in der Region geht es kaum besser.

Wer nicht unbedingt auf die Straße muss, bleibt in klimatisierten Innenräumen - gerade die ikonischen, angenehm temperierten Shopping Malls der Glitzermetropole haben derzeit Hochkonjunktur. Auch die Behörden raten, längere Aufenthalte im Freien zu meiden. Regelmäßig geben sie Warnungen heraus, weil der Hitzeindex - die gefühlte Temperatur mit Blick auf die Luftfeuchtigkeit und andere Faktoren - speziell in der Mittagszeit bei über 52 Grad liegt.

«Dass es in Bangkok so unerträglich ist, liegt natürlich auch daran, dass es so wenige Bäume gibt», sagt die Deutsche Nicole, die seit sieben Jahren in der Stadt lebt. «Es gibt kaum Natur und daher auch kaum Schatten.» Seit Jahresbeginn sind laut Gesundheitsbehörden im Land schon 30 Menschen durch hitzebedingte Erkrankungen gestorben.

Wasserknappheit auf Urlaubsinseln

Die Thailänder sind an hohe Temperaturen gewöhnt, speziell im April, dem traditionell heißesten Monat des Jahres. Aber so krass wie in diesem Jahr sei es fast noch nie gewesen, stöhnen die Einwohner unisono. Und schon gar nicht über einen so langen Zeitraum. Besonders heftig: Sogar nachts gibt es keine Abkühlung. Die Werte sinken kaum unter 30 Grad.

«Nicht nur Ausländer, selbst die Thais schütteln den Kopf über diese unglaublichen Temperaturen», sagt die Münchnerin Barbara, die seit fünf Jahren auf der bei Deutschen sehr beliebten Urlaubsinsel Koh Samui lebt. «Es gibt kaum ein anderes Thema.» Hinzu kommt Wasserknappheit, weil die Reservoirs auf einem Tiefststand sind und das Wasser, das vom Festland auf die Insel gepumpt wird, nicht mehr ausreicht. Privatunternehmen mit Tanklastern machten derzeit einen Riesen-Reibach, erzählen Einwohner.

Rekordwerte von Vietnam bis Bangladesch

Thailand ist kein Einzelfall. Auch andere Länder in Südostasien und in Südasien melden Hitzerekorde - speziell die Philippinen, Bangladesch und Vietnam. So klagt Südvietnam mit der Millionenmetropole Ho-Chi-Minh-Stadt (früher: Saigon) über die längste Hitzewelle seit 30 Jahren. Seit Jahresbeginn lagen die Tageswerte Meteorologen zufolge fast immer bei über 35 Grad. In einigen Regionen wurden zuletzt sogar Temperaturen von rund 40 Grad gemessen.

«Es ist so heiß, dass ich nur am frühen Morgen Landwirtschaft betreiben kann», sagt der Farmer Pham Van Bau. «Ich mache mir große Sorgen, dass die Fische in meinen Teichen wegen des extrem warmen Wassers sterben werden.» Wie auch in Thailand hat die Gluthitze derweil den Stromverbrauch zu Allzeit-Rekorden getrieben.

El Niño treibt Temperaturen in die Höhe

Verantwortlich ist Experten zufolge vor allem das gefürchtete Klimaphänomen El Niño. Die Weltwetterorganisation (WMO) hatte im vergangenen Jahr bestätigt, dass erstmals seit mehreren Jahren wieder El-Niño-Bedingungen herrschen - und vor extremen Wetterereignissen gewarnt. «El Niño wird im Juni enden, aber die Temperaturen könnten in vielen Ländern in der ersten Hälfte dieses Jahres in die Höhe schießen», erklärte der thailändische Meeresökologe Thon Thamrongnawasawat schon vor Wochen und warnte vor einer historischen Hitzeperiode speziell in Teilen Asiens.

Bangladesch erlebt derzeit sogar die längste Hitzewelle seit mindestens 75 Jahren. «Ich habe noch nie eine solche Gluthitze erlebt», sagt der 38-jährige Aminur Rahman aus der Hauptstadt Dhaka erschöpft. Um seine fünfköpfige Familie über Wasser zu halten, tritt er auf seiner Rikscha in die Pedale. Derzeit schafft er gerade einmal zwei Stunden am Tag. Aber es kommen ohnehin kaum Kunden - auch in Dhaka bleiben die Menschen lieber in kühleren Innenräumen. Innerhalb weniger Tage starben trotzdem mindestens zehn Menschen an einem Hitzschlag. Vorsorglich wurden Schulen geschlossen - ebenso wie auf den Philippinen.

Mobile Duschen auf den Philippinen

Für den Inselstaat sagte das nationale Wetteramt einen alarmierenden Hitzeindex voraus: Die gefühlte Temperatur könnte in den nächsten Tagen und Wochen 57 Grad erreichen und eine «extreme Gefahr» darstellen. Wegen der erhöhten Nachfrage nach Strom zur Betreibung von Klimaanlagen drohten Ausfälle. «Unser Stromnetz ist überlastet, weil es so heiß ist», warnte Präsident Ferdinand Marcos Jr.

Die Gesundheitsbehörden forderten die Bevölkerung auf, sich mit Schirmen und Sonnenhüten zu schützen und viel Wasser zu trinken. In Valenzuela, einer Vorstadt von Manila, setzte die lokale Regierung kostenlose mobile Duschen ein. Damit will sie vielen Bürgerinnen und Bürgern, die in der Region unter Wasserknappheit leiden, Abkühlung verschaffen. Auch soll so Hitzschlägen vorgebeugt werden.

El Niño hat nichts mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun. Es ist ein natürlich alle paar Jahre auftretendes Wetterphänomen, das mit der Erwärmung des Meerwassers im tropischen Pazifik und schwachen Passatwinden einhergeht. Das Phänomen kann aber die Folgen des Klimawandels verschärfen, weil es einen zusätzlich wärmenden Effekt hat. Auswirkungen gibt es vor allem in Südostasien, Australien, Afrika und Mittelamerika.


Bildnachweis: © Carola Frentzen/dpa
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