22. April 2024 / Kunst & Kultur

KÖRPER:SPRACHEN – neue Ausstellung auf Burg Hülshoff

Die Ausstellung des Künstler*innenkollektivs „parallelgesellschaft“ ist bis zum 31. Dezember 2024 zu sehen

Körpersprachen

also known as MATA HARI (MANOEVER)
Paula Reissig, Norwin Tharayil, Ralph Tharayil, 2023
Die Video-Installation „MANOEVER“ versucht dem tanzenden Körper einer europäischen Unterhalterin nachzugehen: Margaretha Geetruida Zelle wurde 1876 in Holland geboren, gab sich ab 1905 als die südindische Tempeltänzerin Mata Hari aus.
Erst nach Zelles Hinrichtung 1917, erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Biografie der Mata Hari komplett erfunden war. In „MANOEVER“ geht es um dieses Terrain der Aneignungen – ein Spiegelkabinett der Sensationen, in dem sich die unstillbare Sehnsucht nach einer „exotischen Körpersprache“ als autopoetische Schlaufe reinkarniert.


Am zweiten Langen Freitag in diesem Jahr eröffnet Burg Hülshoff – Center for Literature (CfL) am 26. April um 18.30 Uhr die Ausstellung „KÖRPER:SPRACHEN“ im Droste-Museum auf Burg Hülshoff. Anschließend findet um 20.30 Uhr eine Lesebühnenshow KÖRPER_SPRACHEN statt. Der Eintritt ist am Eröffnungsabend frei. Entwickelt wurde die Ausstellung im Rahmen von „Schatten des Schattens. Sprache in (post-)kolonialen Zeiten“ von dem Künstler*innenkollektiv „parallelgesellschaft“. „KÖRPER:SPRACHEN“ ist bis zum 31. Dezember 2024 zu sehen. 

Der Körper geht der Sprache voraus: mit Augen und Ohren, mit Händen und Stimmbändern. Die Sprache wiederum beschreibt den Körper nicht nur. Sie schreibt sich ein in den Körper und schreibt ihn fort. Zwölf Künstler*innen und Autor*innen des Kollektivs „parallelgesellschaft“ beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit dem kolonialisierten Körper und seinem Verhältnis zur ideologischen Sprache. In Schrift-, Bild- und Lautsprache verhandelt das Künstler*innenkollektiv diese komplexen Beziehungen. In den Räumen der Dauerausstellung von Burg Hülshoff und der Alten Schmiede am Haupteingang des Geländes treten die Exponate in den Dialog mit den vorhandenen Ausstellungsobjekten und den Besucher*innen. In den Text-, Sound- und Videoarbeiten geht es um persönliche Geschichten, Erinnerungen, Mythen und Bestandsaufnahmen. Es geht um kulturelle Aneignung und die Sehnsucht nach Exotismus. Um Kommunikation und Macht. Die zwölf beteiligten Künstler*innen sind Etritanë Emini, Moshtari Hilal, Miedya Mahmod, Fatima Moumouni, Nazanin Noori, Paula Reissig, Tanasgol Sabbagh, ተመስገን ተስፉ (Temye Tesfu), Norwin Tharayil und Ralph Tharayil, சிந்துஜன் வரதராஜா (Sinthujan Varatharajah) und Ken Yamamoto.

Am Eröffnungsabend legt „parallelgesellschaft“ den Gesellschaftskörper um 20.30 Uhr in ihrer Lesebühnenshow „KÖRPER_SPRACHEN“ auf den Seziertisch.
Die Oberfläche der menschlichen Haut beträgt im Schnitt gerade einmal 1,75 m². Schon beeindruckend, was alles an Deutungen auf so ein bisschen Haut passt. Kein Körper bleibt unbeschrieben, unbesprochen, ungelesen im heteronormativen Spätkapitalismus. Es geht um das Sprechen über Körper und das Sprechen im Körper. Um Körper als Wissens- und Erfahrungsarchive und um den Körper als rhetorischen und physischen Kampfplatz. Um Körper, die Gewalt erfahren, und jene, die sie ausüben.
Als Gastarbeiterin begrüßen „parallelgesellschaft“ an diesem Abend die Hiphop-Künstlerin VAVUNETTHA aus Köln. Außerdem gibt es Texte und Musik vom Ensemble, diesmal mit Thi Le Thanh Ho, Jacinta Nandi, Tanasgol Sabbagh, Nadia Shehadeh, ተመስገን ተስፉ (Temye Tesfu) und Ken Yamamoto.

 


(Memories) in Technicolor 

Moshtari Hilal, 2022–2023
Hilals Beschäftigung mit Familienaufnahmen eröffnet Fragen nach dem Umgang mit Erinnerungen: Entspricht die Wahrnehmung der Kinder jener der Erwachsenen? Inwiefern dienen Videos dazu die Vergangenheit zu erzählen? Oder werden diese dadurch erst zu Erinnerungen? In „(Memories) in Technicolor“ zeigt die Künstlerin ihre private Realität und damit Erinnerungen in und an eine vergangene Welt, getönt in den Farben einer zurückliegenden Technik. Der maschinell produzierte Wandteppich ist Teil einer multimedialen mehrteiligen Serie bestehenden aus einer Videocollage, handgefertigten Textilcollagen und Zeichnungen.

 


Deutsche Bestandsaufnahme
Etritanë Emini, Nazanin Noori, Tanasgol Sabbagh, 2024
Das Werk ist eine Zusammenarbeit der Videokünstlerin Etritanë Emini, der Dichterin Tanasgol Sabbagh und der Soundkünstlerin Nazanin Noori. Es setzt sich mit Rassismus und der Kontinuität rechter Gewalt in Deutschland nach der Wiedervereinigung auseinander und stellt ihr die Lebensrealität von Betroffenen entgegen. Das Video wurde erstmals am 17. Februar 2024 veröffentlicht, als Aufruf zur Berliner Gedenkdemonstration anlässlich des vierten Jahrestages des rassistischen Anschlags in Hanau.

 


Knopsen. Was passiert, wenn man mich in diese Ausstellung stellt?
Fatima Moumouni, 2021
Ein Video im weißen Ausstellungsraum. Die Frage, wer guckt und wie man zurückgucken kann. Anfangs wollte Fatima Moumouni in dieser Auftragsarbeit zur Doppelausstellung „Rodin/Arp“ für die renommierte Fondation Beyeler eigentlich der L’art pour l’art und dem Dada frönen. Bis die Whiteness des Raums und alles, was er in Sachen Klasse, Gender und race exkludiert, so laut schrie, dass es im Text inkludiert werden musste.

 


ziegenhirtenbrief

ተመስገን ተስፉ (Temye Tesfu), 2023–2024
Das fotografisch-lyrische Diptychon „ziegenhirtenbrief“ ist weniger Monument als Momentaufnahme – ein Schnappschuss aus dem Leben eines Eritreers, dessen Biografie gezeichnet ist von widrigen Umständen und Widerstand, bedingt durch drei Besatzungen zu seinen Lebzeiten: die Apartheid der italienischen Kolonialherrschaft (1882–1941), die Deindustrialisierung durch das britische Mandat (1941–1952) und die anschließende Annexion durch das äthiopische Kaiserreich unter Haile Selassie. Das Ende des dreißigjährigen Unabhängigkeitskrieges im Jahre 1991 erlebte er nicht mehr.

 


Enterdung des Körpers

சிந்துஜன் வரதராஜா (Sinthujan Varatharajah), 2024
Ausgehend von einem Stuhl, der sich in seinem Design und seinem Materialen von den übrigen Stühlen am Tisch unterscheidet, lädt die gesprochene Textarbeit dazu ein, über das Verhältnis von europäischen Stühlen zu nicht-europäischen Menschen zu reflektieren. Wie kam dieser Stuhl von Europa in die Kolonien und wie schreiben sich die Kolonien zurück in die Stühle?

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