12. August 2022 / Aus aller Welt

Studie: Warum intensives Denken müde macht

Wer sich lange konzentriert, dem raucht bekanntlich der Kopf. Forscher haben neue Erkenntnisse, warum intensives Denken müde macht und wie das Entscheidungen beeinflussen kann.

Eine Schachspielerin während der ersten Runde der 44. Schach-Olympiade. Wer sich über einen längeren Zeitraum intensiv konzentriert, der wird in der Regel müde. Forscher haben nun neue E...

Wer sich über einen längeren Zeitraum intensiv konzentriert, der wird in der Regel müde. Forscher haben nun einen Grund gefunden, warum das so sein könnte. Bei intensiver kognitiver Arbeit über mehrere Stunden hinweg sammle sich in einem Teil des Gehirns Glutamat an, schreibt das Forscherteam um Antonius Wiehler vom Pitie-Salpetriere Hospital in Paris im Fachjournal «Current Biology». Der Botenstoff Glutamat häuft sich demnach in dem Bereich des Gehirns an, der als präfrontaler Cortex bekannt ist. Der Bereich ist aktiv, wenn Menschen etwas planen oder komplexe Probleme lösen.

Das Ansammeln des Glutamates verursache eine kognitive Ermüdung, schreiben die Forscher. Dies führe dazu, dass man sich entspannteren Tätigkeiten widme, die keine Anstrengung oder Warten erforderten.

Nach Angaben der Forscher zeigen die Ergebnisse, dass Denk-Arbeit zu einer funktionellen Gehirnveränderung führt. Dabei sei die Müdigkeit ein Mittel zum Zweck, denn sie veranlasse den Menschen dazu, die Arbeit zu unterbrechen. So solle die Gehirnfunktion generell am Laufen gehalten werden.

Untersuchung mit zwei Probandengruppen

Die Forscher wandten für ihre Studie spezielle Verfahren an, mit denen es möglich war, die Konzentrationen spezifischer Moleküle im Gehirn einige Male am Tag zu überwachen. Sie untersuchten zwei Probandengruppen: eine musste schwierige Aufgaben lösen, die andere bekam relativ leichte kognitive Aufgaben.

Ergebnis: Am Ende des Tages führte die anspruchsvolle kognitive Anstrengung zu einer höheren Glutamatkonzentration in der benannten Gehirnregion als die leichte kognitive Arbeit.

Nach Angaben des Neurophysikers Harald Möller vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sind Anstiege der Glutamatkonzentration von einigen Prozent unter gezielter Anregung verschiedener Hirnregionen - zum Beispiel des visuellen Systems - vielfach beobachtet worden. Dabei sei aber ein relativ schneller Abfall des Botenstoffs bei Beendigung der Stimulation erfolgt.

Jedoch überzeuge ihn die Interpretation der Ergebnisse in der französischen Studie nicht. Er kritisierte die Schlussfolgerung, dass es zu einem länger anhaltendenden Glutamatanstieg im Zellzwischenraum komme. Es sei allerdings schwierig, Messungen an diesem Teil des Gehirns durchzuführen. Möller sagte, die Forscher hätten auch die Ruhephasen der Probandinnen und Probanden messen müssen. Dann hätten sie eine Referenz dafür gehabt, wie das Experiment den Glutamatanstieg beeinflusse - im Gegensatz zu einer vorherigen Ruhephase.


Bildnachweis: © Sri Loganathan/Zuma Press/dpa
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