5. Januar 2023 / Aus aller Welt

Norddeutsche Seehundstationen ziehen rund 400 Heuler groß

Die beiden norddeutschen Seehundstationen hatten 2022 jede Menge Arbeit. Dass es so viele hilfsbedürftige Seehundjunge gab, hat laut einer Station auch mit dem Ende von Corona-Einschränkungen zu tun.

Mit Fisch im Maul schwimmt der junge Seehund «Ouzo» durch ein Becken der Seehundstation Norddeich.

Hinter den beiden deutschen Seehundstationen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegt ein arbeitsreiches Jahr 2022. Insgesamt päppelten die Tierpflegerinnen und Tierpfleger der Stationen in Norddeich und Friedrichskoog zusammengerechnet rund 400 verwaiste Seehund-Jungtiere auf.

«Es war die erfolgreichste Saison in der Geschichte der Seehundstation», sagte die Leiterin der Station in Friedrichskoog, Tanja Rosenberger, der Deutschen Presse-Agentur. 96 Prozent der Jungtiere seien erfolgreich aufgezogen worden. Die Einrichtung im ostfriesischen Norddeich nahm 2022 so viele Heuler, also verwaiste Jungtiere, auf wie noch nie zuvor in ihrem gut 50-jährigen Bestehen.

«Gigantische Arbeitslast»

«Das hat uns an die Grenze der Belastung gebracht», sagte der Leiter der Norddeicher Station, Peter Lienau. Für die Tierpflegerinnen und Tierpfleger sei es eine «gigantische Arbeitslast» gewesen. Demnach kamen in der Geburtensaison zwischen Anfang Mai bis Ende Juli 199 Jungtiere zur Aufzucht in die Norddeicher Station - vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 waren es 181 Tiere. Während der Pandemie 2020 und 2021 waren die Zahlen in Niedersachsen deutlich niedriger.

In Friedrichskoog wurden insgesamt von Mai bis Dezember 191 Seehund-Heuler und 22 bereits abgestillte junge Seehunde in der Seehundstation zur Aufzucht und Rehabilitation aufgenommen. Dies entspricht den Angaben zufolge den Zahlen der Vorjahre.

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Tiere konnte 2022 zudem verkürzt werden. «Sie liegt für die Heuler nun bei 58 Tagen», sagte Rosenberger. Auch in Norddeich habe die Aufzucht trotz der vielen Tiere gut funktioniert, sagte Lienau. Im Schnitt waren die Seehunde dort im vergangenen Jahr 62 Tage in der Obhut der Station, bis sie ihr Auswilderungsgewicht von 25 Kilogramm erreichten.

Die Seehundstationen Friedrichskoog (Landkreis Dithmarschen) und Norddeich (Landkreis Aurich) sind nach einem internationalen Abkommen die einzigen berechtigten Aufnahmestellen für Heuler in Deutschland.

«Viele Tiere kommen aufgrund von Störungen durch Menschen»

Die Norddeicher Einrichtung, die für die gesamte niedersächsische Nordseeküste zuständig ist, führt die hohe Zahl von Jungtieraufnahmen in ihrem Bereich auf mehr Störungen durch den Menschen infolge eines wieder stärker gewordenen Tourismus zurück.

«Viele, viele Tiere kommen aufgrund von Störungen durch den Menschen zu uns», sagte Lienau. 2022 habe ein spätes Fronleichnamsdatum und ein früher Sommerferienbeginn im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen dazu geführt, dass in der Hauptgeburtenphase der Seehunde besonders viele Touristen an der niedersächsischen Küste unterwegs gewesen seien.

Problematisch seien Wassersportler, Sportbootfahrer und Wattwanderer, die in die Ruhezonen kämen. Ein größer werdender Störfaktor seien Seekajakfahrer, die zu dicht an die Sandbänke der Seehunde kämen, sagte Lienau. Wenn die Muttertiere im Wasser nach Nahrung suchen, werden die Jungtiere kurzzeitig am Strand zurückgelassen. Als Heuler gelten sie erst, wenn sie infolge von Störungen dauerhaft von der Mutter getrennt werden. Die meisten Gäste seien bereits sensibilisiert, sagte Lienau. Die größer werdende Zahl von Urlaubern führten unterm Strich jedoch zu häufigeren Störungen.

Stationen für Besucherinnen und Besucher geöffnet

Die Seehundstationen kümmern sich allerdings nicht nur um Seehunde und Robben, sondern sind auch für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Insgesamt zählte die Station in Friedrichskoog 2022 rund 145.000 Besucher. Seit Ende 2019 wird die Seehundstation aus- und umgebaut. Zuletzt konnte am 15. Dezember 2022 die Ausstellung im Teilbereich «Robbenblick» für die Gäste in Betrieb genommen werden, wie Rosenberger sagte.

Auch in Norddeich ist der Stationsleiter nach zwei schwierigen Corona-Jahren, in denen die Station infolge von Lockdowns mehrere Monate schließen musste, erleichtert. «Gut für die Seehunde war, dass wir das ganze Jahr geöffnet haben konnten», sagte Lienau. Zwar seien ab August 2022 etwas weniger Besucherinnen und Besucher als üblich gekommen, sagte Lienau. Die Zahlen hätten sich aber verbessert: Im vergangenen Jahr kamen demnach 210.000 Besucher in die Norddeicher Seehundstation - nach rund 158.000 im Jahr 2021. Zudem feierte die Station 2022 noch ihr 50-jähriges Bestehen, nachdem die eigentliche Jubiläumsfeier wegen der Pandemie 2021 ausgefallen war.


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