5. November 2019 / Kunst & Kultur

Schaurig-schöne Turner-Ausstellung im Landesmuseum

LWL-Museum für Kunst und Kultur eröffnet faszinierende Ausstellung

Foto (LWL/Meike Reiners): v. l. n. r. Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster und stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung der Sparkasse Münsterland Ost, Matthias Löb, LWL-Direktor, Dr. Judith Claus, Kuratorin LWL-Museum für Kunst und Kultur, Dr. Hermann Arnhold, Museumsdirektor, Dr. David Blayney Brown, Senior Curator of British Art 1790 - 1850 der Tate, Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, LWL-Kulturdezernentin


Er gilt als Wegbereiter der Moderne und als Meister des Lichts und der Farbe: Joseph Mallord William Turner, der 1775 in einfachen Verhältnissen in London geboren wurde und dort 1851 als anerkannter und wohlhabender Künstler starb. Fast 20 Jahre nach der letzten großen Turner-Ausstellung in Nordrhein-Westfalen bringt das LWL-Museum für Kunst und in Kooperation mit der Tate in London rund 80 seiner Werke nach Münster. Die Ausstellung "Turner. Horror and Delight" (8.11.19 bis 26.1.20) zeigt die Entwicklung des Künstlers von seinen Anfängen bis zu seinem Spätwerk, das ihm bei vielen Zeitgenossen Spott einbrachte und ihn doch zum unvergesslichen Landschaftsmaler machte.

"Die Faszination für das Werk Turners ist ungebrochen. Seine Bilder berühren die Menschen, weil sie die Schönheit und Gewalt der Natur so lebensecht wiedergeben", erklärt LWL-Direktor Matthias Löb. Mit der Ausstellung setze das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine Reihe mit anglo-amerikanischer Kunst fort, die seit der Neueröffnung vor fünf Jahren nun zu einem Erkennungszeichen werde. "Dieser deutsch-britische Kulturaustausch ist ein deutliches Statement für Europa und für Kulturarbeit, die Grenzen überschreitet. Die erneute Kooperation mit der Tate in London bereichert unser Museum und vernetzt es international", so Löb.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die zahlreichen Reisen Turners auf den europäischen Kontinent. Der Künstler kommt in seiner Heimatstadt London schon früh zu Ruhm und Erfolg: Mit nur 32 Jahren erhält er an der renommierten Royal Academy eine Professur für Perspektive, hat Einfluss und versäumt keine Gelegenheit, seine Werke auszustellen. Doch die Reisen sind für den als wortkarg geltenden Künstler die Basis seines Schaffens. Er will die Natur mit eigenen Augen sehen und Wind und Wetter hautnah spüren. Unterwegs füllt Turner Hunderte von Skizzenbücher, hält alles fest, was ihn bewegt und er später im Atelier zu Gemälden ausarbeitet: peitschende Wellen, tiefe Bergschluchten, aufkommende Gewitter. "Was zuvor in der Kunst nur Hintergrund war, wird bei Turner zum Hauptmotiv. Es ist der Durchbruch der Landschaftsmalerei", erklärt Dr. Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums für Kunst und Kultur.

In Turners Bildern gibt es keinen wolkenlosen Himmel. Manchmal sind es nur ein paar zarte Schönwetterwolken, manchmal drohende, dunkle Gebilde, aber immer strukturieren sie den Himmel und laden das Dargestellte atmosphärisch auf. Schlechtes Wetter ist für den Künstler ein Glücksfall, um die ungestüme Natur festzuhalten. Gewaltig und brutal schlagen die Elemente zu, Turner hält alle Katastrophen fest: Schiffbruch, Lawinen, Stürme. "Seine Bilder lösen beim Betrachten einen wohligen Schauer aus, ,Horror and Delight€™, von dem der britische Schriftsteller Edmund Burke in seinem Konzept des Erhabenen spricht und damit die gesamte Epoche der Romantik prägt", so die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Judith Claus.

In sechs Räumen führt Claus die Entwicklung Turners vor Augen: Wie er in seinen frühen Werken noch ganz traditionell mit dunklen Farben romantische Landschaften malt, wie sich die erste Schweizer Reise auf seinen Stil auswirkt, welche Eindrücke er aus dem arkadischen Italien mitbringt, wie er schließlich Bilder von Naturkatastrophen schafft, in denen sich alles Formgebende auflöst und ihn als Vorläufer der modernen Kunst erscheinen lassen. Ergänzt hat Claus die Ausstellung durch 30 Werke von Vorbildern und Zeitgenossen Turners, darunter Caspar Wolf (1735-1783), John Constable (1776-1837) und John Martin (1789-1854). "Damit wollen wir zeigen, welche Künstler Turner geprägt haben und wie er sich von seinen Zeitgenossen abhebt", erklärt die Kuratorin.

Die Turner-Sammlung in der Tate umfasst 30.000 Arbeiten auf Papier, 300 Gemälde und 280 Skizzenbücher. In seinem Testament verfügt der Künstler, dass die 1824 gegründete National Gallery seine Werke erhält, wenn sie dafür eine Galerie errichtet und zwei seiner Bilder neben die seines großen Vorbildes Claude Lorrain hängt. Das Selbstmarketing von Turner war ganz auf seinen Nachruhm ausgerichtet. Und das hat funktioniert.

"Als Künstler gehört er mittlerweile der Welt. In seiner Heimatstadt liegt er in der St. Pauls Cathedral begraben, einer weitaus größeren Kirche als jene, in der er getauft wurde. Seiner wird durch Statuen gedacht, durch ein Denkmal in der Maiden Lane und durch den Nachlass seiner Werke, der in den Besitz der Nation überging und der eines der prachtvollsten Beispiele für Großbritanniens künstlerisches Erbe ist - genau wie Turner es sich erhofft hatte", erklärt der Turner-Spezialist und Senior Curator of British Art 1790-1850 der Tate, David Blayney Brown.

Die 80 Werke des Künstlers aus der Ausstellung "Horror and Delight" waren zuvor im Kunstmuseum Luzern zu sehen und wandern nach Ende der Ausstellung in Münster weiter nach Nashville und Quebec.
Gefördert wird die Ausstellung vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft, der LWL-Kulturstiftung und der Stiftung Kunst³, dem Stifterkreis des LWL-Museums, der die Ausstellung ermöglichte und dafür sorgte, dass eine weitere Ansicht von Venedig aus dem Bestand der Tate ausgeliehen werden konnte. Weitere Förderer sind die Rudolf-August-Oetker Stiftung, die Stiftung der Sparkasse Münsterland Ost und die Firma Brillux. Schirmherr der Ausstellung ist der britische Botschafter.

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