12. März 2025 / Kunst & Kultur

Wiederentdeckter Stummfilm "Der Friedensreiter" in Kinofassung zu sehen

Der wiederentdeckte westfälische Stummfilm "Der Friedensreiter" wird erstmals nach vielen Jahrzehnten in einer Kinofassung in Westfalen gezeigt.

Foto (LWL/Jessica Best): Stellten die diesjährige Reihe "Drehbuch Geschichte", die im passenden Setting am historischen Filmschneidetisch vor: Prof. Dr. Markus Köster (v.l./LWL-Medienzentrum für Westfalen), Prof. Dr. Stefan Höppner (LWL-Literaturkommission für Westfalen), Jens Schneiderheinze (Die Linse e.V.), Dr. Julia Paulus (LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte), Jens Effkemann (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Bezirksverband Münster) und Dr. Barbara Rommé (Direktorin des Stadtmuseums Münster).


Am Dienstag (18.3.) startet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit der Stadt Münster und weiteren Partnern die diesjährige Filmreihe "Drehbuch Geschichte" mit einem besonderen Ereignis: Der wiederentdeckte westfälische Stummfilm "Der Friedensreiter" wird erstmals nach vielen Jahrzehnten in einer Kinofassung in Westfalen gezeigt. Die Veranstaltung findet in der historischen Rüstkammer des Rathauses von Münster statt und bietet dem Publikum neben diesem Filmschatz auch eine musikalische Livebegleitung durch das Duo Anja Kreysing und Helmut Buntjer.

Von Moskau über Berlin nach Oslo
Der vermutlich älteste Spielfilm aus und über Westfalen entstand im Herbst 1918, unmittelbar vor Ende des Ersten Weltkriegs und erzählt von Ereignissen rund um die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Jahrzehntelang galt der Film als verschollen, bis 2018 eine VHS-Kopie in der Filmuniversität Babelsberg entdeckt wurde, die offenbar schon 1989 aus der Sowjetunion nach Deutschland gekommen war. Neue Recherchen des LWL-Medienzentrums für Westfalen führten nun zu einer gut erhaltenen 35mm-Kopie in der norwegischen Nationalbibliothek in Oslo. Sie hat nicht nur eine etwas längere Laufzeit, sondern bietet auch eine deutlich bessere Bildqualität. Vor allem aber ist die norwegische Fassung im Stil damaliger Kinofilme viragiert, d.h. in wechselnden Farbtönen eingefärbt, je nachdem welche Stimmung in der jeweiligen Szene erzeugt werden sollte. Dank eines hochwertigen Digitalisats kann der Film nun wieder einem breiten Publikum präsentiert werden.

"Wir hatten nicht mehr damit gerechnet, diesen für die Filmgeschichte Westfalens sehr wertvollen Schatz noch in einer echten Kinofassung finden zu können. Umso größer war dann die Freude über die Antwort aus Norwegen auf unsere Anfrage. Die Kollegen dort haben den Friedensreiter mit viel Liebe und Sorgfalt aufbereitet und wir freuen uns, dass er jetzt in neuem Glanz gezeigt werden kann", so Prof. Dr. Markus Köster, Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen, der sich als Historiker auf die Spur des Filmschatzes gemacht hatte.


Foto (Stadtarchiv Münster): Ein Szenenbild von den Dreharbeiten zu "Der Friedensreiter" an der Burg Gemen.

Spannung und Intrigen vor Münsters Toren
"Der Friedensreiter" entführt die Zuschauer:innen in die Endphase des Dreißigjährigen Krieges und schildert den gefahrvollen Ritt des niederländischen Gesandten Adrian Pauw zu den Friedensverhandlungen nach Münster. Eine vom französischen Kardinal Mazarin entsandte Agentin versucht, seine Mission zu sabotieren, um den Friedensschluss zu verhindern. Die titelgebende Sagengestalt des Friedensreiters greift mehrfach schicksalhaft in das Geschehen ein und wird so zur personifizierten Hoffnung auf Frieden. Der Film verbindet vor dem Hintergrund der Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs spannende Agentenelemente mit eindeutiger Propaganda gegen den 1918 aktuellen Kriegsgegner Frankreich.

Eine Doppelrolle spielt der schon damals sehr prominente Schauspieler Werner Krauss, der zwei Jahre später mit dem legendären "Das Cabinet des Dr. Caligari" seinen internationalen Durchbruch schaffen und 1940 in dem antisemitischen Machwerk "Jud Süß" gleich in fünf verschiedenen Rollen judenfeindliche Klischees verkörpern sollte.

Geschichtskundigen werden die Bezüge auf die zu Drehzeiten aktuellen Geschehnisse des Ersten Weltkriegs auffallen, Ortskundigen die regionalen Schauplätze: Die Burgen Gemen und Hülshoff glänzen vor der Kamera, aber auch Münster mit der Johanniterkommende an der Bergstraße sowie St. Josef in Kinderhaus und der längst abgerissenen Coermühle an der Aa sind auf den über 100 Jahre alten Filmaufnahmen in eindrucksvoller Bildqualität zu sehen.

Vielfalt in der Filmwelt Westfalen
Neben dieser cineastischen Wiederentdeckung zeigt die diesjährige Reihe "Drehbuch Geschichte" unter dem Titel "Filmwelt Westfalen - Geschichten einer Region" weitere Höhepunkte der westfälischen Filmkultur. An insgesamt acht Themenabenden stehen Klassiker wie "Bang Boom Bang" (1999) und neuere Produktionen wie "Der Junge muss an die frische Luft" (2018) auf dem Programm. Die Filmabende werden durch Einführungen und Filmgespräche begleitet, die das Publikum auf eine Reise durch die westfälische Filmgeschichte mitnehmen und Stereotype sowie gesellschaftliche Entwicklungen beleuchten.

Die Eröffnungsveranstaltung am 18. März im Rathaus zu Münster beginnt um 18 Uhr. Prof. Dr. Stefan Höppner von der LWL-Literaturkommission für Westfalen führt in den Film "Der Friedensreiter" ein.

Organisiert wird die Filmreihe in Zusammenarbeit mit dem Verein Die Linse e.V., dem Geschichtsort Villa ten Hompel, dem LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, der LWL-Literaturkommission für Westfalen, dem Verein Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V., dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Westfalen-Lippe und dem Stadtmuseum Münster.

Das Projekt wird von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Kulturprogramms zum Jubiläumsjahr 2025 "1250 Jahre Westfalen" gefördert. Schirmherr des Kulturprogramms ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Zudem wird es von der Stiftung der Sparkasse Münsterland Ost gefördert.

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