13. April 2023 / Aus aller Welt

Schlag gegen Anlagebetrug - Hauptverdächtige in Haft

Ein Mann aus Göttingen meldet sich bei Ermittlern, weil Anlagebetrüger ihm 250.000 Euro gestohlen haben. Der Fall löst internationale Fahndungen aus. Jetzt gab es Festnahmen.

Die Tastatur eines Laptops spiegelt sich im Bildschirm: Nach jahrelangen Ermittlungen zu millionenschwerem Anlagebetrug im Internet ist Fahndern ein großer Schlag gelungen.

Fast 160 Einsatzkräfte in vier Staaten rücken zeitgleich aus - mit Erfolg: Ein internationales Fahnderteam hat fünf Hauptverdächtige für millionenschweren Online-Anlagebetrug festgenommen. «Damit haben wir die Führungsriege empfindlich getroffen», sagte Manuel Recha von der Staatsanwaltschaft Göttingen am Donnerstag. Die jahrelangen Ermittlungen gegen das weltweite Betrugssystem wurden aus Niedersachsen gesteuert.

In 55 Ländern gibt es nach Polizeiangaben mehr als 33.000 Opfer mit einem Schaden von mehr als 89 Millionen Euro. Für Deutschland gehen die Fahnder von mehr als 5500 Betroffenen und einem Schaden von mehr als 22 Millionen Euro aus. Ende März schlugen die Ermittler bei einem sogenannten «Action Day» in Bulgarien, Rumänien, Georgien und Israel zu. Fünf Männer im Alter von 21 bis 51 Jahren wurden verhaftet.

«Wir sind vorsichtig zuversichtlich, dass wir die Beschuldigten noch in diesem Jahr anklagen können», sagte Staatsanwalt Recha bei der Präsentation des Fahndungserfolgs in Braunschweig. Bei den Verdächtigen handelt es sich ihm zufolge um zwei Israelis, zwei Rumänen und einen Bulgaren. Die Überstellung nach Deutschland soll in der kommenden Woche abgeschlossen sein. Der Gruppe droht ein Prozess am Landgericht Göttingen.

Gefälschte Artikel über Promis

Die Betrüger sollen über verschiedene Internetplattformen vermeintliche Geschäfte mit Finanztransaktionen angeboten haben. Unter anderem sollen gefälschte Artikel über Promis, die bereits erfolgreich investiert haben, Opfer anlocken. Den potenziellen Anlegern wird dann vorgetäuscht, in bestimmte Produkte wie Öl, Gold, Silber oder Kryptowährungen wie Bitcoin zu investieren.

Der Einstieg erscheint mit etwa 250 Euro erschwinglich. Den Opfern wird ein schneller und hoher Gewinn vorgegaukelt, um sie zu weiteren Zahlungen zu bewegen. Bei Auszahlungswünschen passiert aber nichts, das Geld ist längst auf verschiedene ausländische Konten weltweit überwiesen.

Ein Mann aus Göttingen hatte die Ermittlungen Anfang 2020 ausgelöst. Er berichtete, dass ihm etwa 250.000 Euro durch Anlagebetrüger gestohlen worden seien. Schnell ergaben sich weitere Fälle etwa in Braunschweig. Das dortige Fachkommissariat Cybercrime übernahm im Auftrag der Göttinger Staatsanwaltschaft, die Zentralstelle für Internet- und Computerkriminalität ist.

Bei einem ersten Ermittlerschlag in Zusammenarbeit mit Eurojust und Europol waren nach Polizeiangaben im Oktober 2021 mehr als 100 Kräfte in Bulgarien, den Niederlanden, der Ukraine, Zypern und Israel im Einsatz. Ein Mann wurde dabei vorläufig festgenommen. In den Folgemonaten konnten die Täterstrukturen sowie die einzelnen Taten weiter aufgeklärt werden, hieß es nun.

Von Geldwäsche bis zum Marketing

Nach dem erneuten Fahndungscoup präsentierten die Ermittler das Ausmaß der weltweiten Finanzabzocke. Als ein Beispiel für solche betrügerischen Webauftritte nannten sie dabei erneut die Seite «Fx-leader.com». Insgesamt sprechen die Fahnder von einem Komplex mit konzernähnlichen Strukturen, bei dem verschiedene kriminelle Leistungen ineinandergreifen. «Eine Gruppe bietet dabei Geldwäsche an, andere Täter kümmern sich um die Marketing-Strategie», erläuterte Mario Krause vom Fachkommissariat Cybercrime in Braunschweig.

Die meisten Geschädigten kommen nach Ermittlerangaben aus Deutschland. Schwerpunkte gebe es mit Tausenden Betroffenen aber auch in Südafrika und Australien. Bei nur wenigen handele es sich um Vermögende, die hohe Summen verloren. Bei 90 Prozent der Opfer ging es demnach um weniger als 5000 Euro.

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach von einem beeindruckenden Ermittlungserfolg. Der Einsatz zeige, dass die Polizei mit Technik und Experten in der Lage sei, solche Komplexe auch über Ländergrenzen hinaus aufzuklären.


Bildnachweis: © Karl-Josef Hildenbrand/dpa
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