15. September 2023 / Aus aller Welt

Oktoberfest-Wegweiser: Dirndl, Bio-Hendl und Bier-Preise

Bier, Hendl, Volksfeststimmung - in München startet morgen das Oktoberfest. Manche fragen sich: Was zieh' ich an? Brauch' ich Dirndl oder Lederhose? Wie komm ich ins Bierzelt - und was kostet die Maß?

Bis zum 3. Oktober werden an die sechs Millionen Gäste erwartet.

Am morgigen Samstag heißt es in München wieder «Ozapft is». Das Oktoberfest beginnt - und damit der Ansturm aus aller Welt. Bis zum 3. Oktober werden an die sechs Millionen Gäste erwartet. Zum Besuch ein paar wichtige Informationen:

Was kostet das Bier?

Die Maß Bier kostet zwischen 12,60 Euro und 14,90 Euro, im Schnitt 14,18 Euro, rund 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotz aller Klagen über das teure Wiesnbier: Der Preisanstieg ist just dieses Jahr gar nicht so groß. Er liegt gleichauf mit der allgemeinen Inflation in Deutschland, die Stand August 6,1 Prozent betrug.

Im Handel verteuerte sich Bier zuletzt sogar doppelt so schnell wie auf dem Oktoberfest. Im August war es dort 12,2 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Zudem bekommt man beim Wiesnbier mehr Alkohol fürs Geld - es hat teilweise über sechs Prozent Alkohol, normales Helles liegt um 4,8 Prozent.

Bekommt man Wasser kostenlos?

Angesichts der allgemeinen Teuerung hat die Stadt veranlasst, dass es erstmals kostenlos Trinkwasser auf dem Festgelände gibt. Knapp vor dem Wiesn-Start wurden vier Wasserspender aufgestellt. Dort können Besucher ihre Trinkflaschen auffüllen - bitte kein Glas! Das ist auf dem Gelände verboten. Im Bierzelt kostet der Liter Tafelwasser im Schnitt immerhin 10,04 Euro, 2022 waren es 9,67 Euro.

Wie kommt man ins Bierzelt?

Am sichersten: Monate vorher reservieren. Jetzt sind die buchbaren Plätze weitgehend weg. Es gibt aber Bereiche, die nach komplexen Regeln unreserviert bleiben. Wer gut zu Fuß ist, stürmt bei der Öffnung des Festgeländes zum Zelt seiner Wahl.

Keine gute Idee: «Bakschisch» an Ordner oder Bedienungen. Bekommt der Wirt es mit, kann es für die Mitarbeiter unangenehm werden - und für die Gäste womöglich auch. Im Graumarktverkauf, gegen den die Wirte teils gerichtlich vorgehen, sind noch manche Tische zu haben - exorbitant teuer, für mehrere Tausend Euro. Bei den Wirten müssen für die Reservierung nur Verzehrgutscheine erworben werden.

Wann ist die beste Zeit, auf die Wiesn zu kommen?

Mittags geht es ruhiger zu - und teilweise gibt es sogar günstigere Mittagstisch-Angebote. Dann findet man auch eher einen Platz im Zelt. Wer maximalen Trubel will, kommt am Freitag- oder Samstagabend.

Muss man Dirndl und Lederhose anziehen?

Nein. Schotten kommen gern im Schottenrock, zum Gay-Sunday am ersten Wiesn-Sonntag stöckeln auch mal Dragqueens übers Gelände. Hüte mit Plüschhendl bleiben unverwüstliche Accessoires. Gesehen wurden früher auch US-Gäste im weiß-blauen Rautenkostüm. Viele Einheimische wie auch ausländische Gäste kommen in Dirndl und Lederhose. Wer sich auf dem Weg zur Wiesn noch umziehen möchte: Buden rund ums Festgelände verkaufen billige Varianten. Oft gesehen, aber für Traditionalisten ein No-Go: Frauen in Lederhosen.

Gehört die Tracht auf der Wiesn zur Tradition?

Das glauben viele - aber es ist nicht so. In den Anfängen vor gut 200 Jahren trug der Herr Gehrock und Zylinder. Die Dame kam im französischen Empirestil: erlesene Stoffe, hohe Taille. In der Nachkriegszeit trug die Dame Kleid oder Kostüm, der Herr Anzug. Später dominierten Jeans und T-Shirt. Mitte der 90er Jahre machten der damalige Oberbürgermeister Christian Ude und die frühere Wiesnchefin Gabriele Weishäupl die Tracht salon- beziehungsweise wiesn-fähig.

Was sagt der berüchtigte Dirndl-Code?

Am Dirndl lässt sich angeblich erkennen, ob ein Flirtversuch lohnen könnte. Trägt die Frau die Schleife der Schürze links, ist sie frei, rechts bedeutet verheiratet oder in festen Händen. Schleife in der Mitte: Jungfrau. Schleife hinten: unklar. Wohl keine Einheimische, so bindet man gemeinhin die Küchenschürze. Weil viele Damen das Dirndl schnell-schnell ohne Gebrauchsanleitung kaufen, geraten die Schleifenregeln durcheinander - und stiften genau die Verwirrung, die sie eigentlich verhindern sollten.

Wie viele Schausteller sind auf der Wiesn?

Die Stadt hat rund 140 Schaustellerbetriebe zugelassen, sehr viele haben lange Tradition. Manches historische Fahrgeschäft gibt es nur noch auf der Wiesn, etwa die Rutsche Toboggan, das Teufelsrad oder die Krinoline, benannt nach dem Reifrock der Damen. Legendär ist auch die Olympia-Looping-Achterbahn mit fünf Ringen, ebenso das Riesenrad. Neu auf dem Volksfest ist dieses Jahr «Mr. Gravity», bei dem zehn Gondeln mit bis zu 100 Stundenkilometern auf einer Scheibe rotieren.

Steilwand, Flohzirkus: Welche Attraktionen außerdem?

Lass Gummi riechen: Die Steilwandfahrer sorgen für Nervenkitzel pur. In einer runden Arena mit senkrechten Wänden rasen die Artisten mit ihren Motorrädern im Kreis. Legendär ist das Varieté Schichtl, das täglich mehrfach das Programm «Die Enthauptung einer lebenden Person auf offener, hell erleuchteter Bühne mittels Guillotine» zelebriert, dieses Jahr wird die 15.000. Köpfung erwartet. Speziell ist auch der Flohzirkus, wo Flöhe Fußball spielen oder ein Mini-Karussell ziehen. Die Mahlzeit gibt's am Arm des Direktors.

Wie nachhaltig ist die Wiesn?

Die Wirte haben ein ehrgeiziges Ziel: Die großen Festzelte sollen binnen fünf Jahren klimaneutral werden, wenn möglich sogar schon 2026. Nun ermitteln die Wirte ihren Verbrauch an Kohlenstoffdioxid, um den CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Seit langem wird auf dem Fest Ökostrom verwendet, Bierkrug-Spülwasser für Toiletten zweitverwertet und Abfall reduziert. Zum Thema Nachhaltigkeit tagte im Juni erstmals ein runder Tisch mit Vertretern von Stadt und Bauern, Schaustellern, Marktkaufleuten und Wirten.

Wie öko geht es beim Essen zu?

Erstmal: Pappteller und Plastikbecher sind seit Jahrzehnten tabu - die Wiesn war damit Vorreiter bei den Volksfesten. Das Hendl bleibt das Wiesn-Schmankerl Nummer eins, eine halbe Million davon werden schätzungsweise verzehrt. Allerdings, so hat Festleiter Clemens Baumgärtner schon im Vorjahr angesichts der Energiekrise argumentiert: Weil an einem Grill viele Hendl garen, sei das Wiesn-Hendl viel umweltfreundlicher als das Hendl aus dem heimischen Ofen. Nach einer Debatte, ob die Wiesn nur mit Bio-Produkten oder zumindest einer Bio-Quote möglich wäre, bietet das Paulaner-Festzelt testweise nur Bio-Hendl an. In jedem Zelt soll es mindestens ein veganes Gericht geben, zudem mehr vegetarische Gerichte.

Warum findet das Oktoberfest im September statt?

Das erste Oktoberfest im Jahr 1810 feierte München mitten im Oktober. Es war die Hochzeit von Kronprinz Ludwig - später König Ludwig I. - und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen. Höhepunkt der fünftägigen Feiern war ein Pferderennen am 17. Oktober - da ist das Oktoberfest heute längst vorbei. Es beginnt mittlerweile einen Monat früher und endet am ersten Oktoberwochenende oder am 3. Oktober. Schon im 19. Jahrhundert war das Fest vorverlegt worden - angeblich wegen des Wetters, das im September oft warm und relativ stabil ist.

Gibt es die Wiesn schon virtuell?

Noch müssen Gäste für das Wiesn-Erlebnis leibhaftig kommen. Aber bald sollen sie virtuell übers Festgelände schlendern können. Derzeit wird ein Online-Spiel entwickelt, bei dem Oktoberfest-Fans als Avatare mit VR-Brille das Volksfest besuchen. Die Wiesn sei ein traditionelles Fest, verliere aber nicht den Anschluss an die Zeit, sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner. Diesmal wird es einen Prototyp für ausgewählte Nutzer geben. Als Vorsorge für die nächste Pandemie ist das Spiel laut Baumgärtner aber nicht gedacht. Er glaube auch nicht, dass die virtuelle Variante den Zulauf zum echten Fest schmälere. Die Wiesnmaß allein vor dem PC - das wäre doch etwas blutleer.

Wo sonst gibt es noch Oktoberfeste?

In aller Welt. Mehr als 2000 Nachahmer gab es nach Schätzungen vor der Pandemie. Viele wurden wieder aufgenommen. Die wichtigsten und größten sind im brasilianischen Blumenau, in Cincinnati in den USA und in Qingdao in China. Auch in vielen deutschen Städten wird nach Münchner Art gefeiert: unter anderem in Frankfurt, Hannover, im Rheinland und in Leipzig. Berlin hat laut Hauptstadtportal sogar mehrere «Oktoberfeste». Stuttgart allerdings scheint weitgehend oktoberfestfrei zu bleiben - es hat den Cannstatter Wasen.


Bildnachweis: © Sven Hoppe/dpa
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