15. März 2024 / Aus aller Welt

Kommerzielle Darmflora-Tests oft wenig aussagekräftig

Die Tests sollen Menschen über ihre Darmflora aufklären. Doch die Ergebnisse sind Experten zufolge oft zweifelhaft. Dafür könnte es einen simplen Grund geben.

Ein gesundes Darm-Mikrobiom kann bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aussehen.

Kommerzielle Darmbakterien-Tests für Verbraucher sind offenbar oft wenig aussagekräftig. Behauptungen von Unternehmen, sie seien dazu in der Lage, auffällige Mikrobiome zu erkennen, würden nicht durch die Forschung gestützt, mahnen US-amerikanische Wissenschaftler. Stattdessen könnten Verbraucher ausgenutzt oder sogar geschädigt werden, schreibt die Gruppe um Diane Hoffmann von der University of Maryland in Baltimore in der Fachzeitschrift «Science». Auch in Deutschland werden Mikrobiom-Tests angeboten.

«Derzeit besteht keine Einigkeit darüber, was eine gesunde Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms in einer Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe ausmacht», betonen Hoffmann und Kollegen. Zwar habe die Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten festgestellt, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien wichtig für die Gesundheit eines Menschen ist. Doch könne ein gesundes Darm-Mikrobiom bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aussehen.

Kommerzielle Ausnutzung befürchtet

In den vergangenen Jahren ist eine Branche entstanden, die Tests und Analysen für Verbraucher anhand von Stuhlproben und ausgefüllten Fragebögen anbietet, ähnlich wie bei Gentests. Denn auch bei Mikrobiom-Tests wird in der Probe vorhandenes Erbgut ausgewertet, um Arten und Häufigkeiten von Bakterien und anderen Lebewesen im Darm zu ermitteln.

Bei ihren Recherchen fanden die Autoren weltweit 31 kommerzielle Anbieter. «Ungefähr 45 Prozent der von uns identifizierten Unternehmen verkaufen Nahrungsergänzungsmittel, die sie Verbrauchern aufgrund ihrer Testergebnisse empfehlen», schreibt die Gruppe um Hoffmann. Sie befürchtet daher eine kommerzielle Ausnutzung von Verbrauchern.

Die Autoren bemängeln in «Science» vor allem, dass Unternehmen die analytische und klinische Aussagekraft sowie den klinischen Nutzen ihrer Tests nicht belegen müssten. Sie verweisen auf eine unveröffentlichte Studie des National Institute for Standards and Technology der USA (NIST).

Stärkere Regulierung empfohlen

Das NIST hatte sieben Unternehmen, die Mikrobiom-Tests anbieten, jeweils drei Proben aus einer standardisierten Quelle von Stuhlmaterial geschickt - die Proben waren also alle gleich zusammengesetzt. Deutliche Unterschiede in den Ergebnissen traten nicht nur in den Berichten verschiedener Firmen auf, sondern sogar in den drei Berichten derselben Unternehmen.

Hoffmann und Kollegen haben das Thema mit einer Arbeitsgruppe aus Mikrobiom-Forschern, Klinikern, Rechtsexperten für Medizinprodukte, Industrie- und Verbrauchervertretern sowie Bioethikern diskutiert. Aufgrund der Einschätzungen und ihrer eigenen Recherchen empfehlen sie eine stärkere Regulierung von Mikrobiom-Tests durch US-Behörden, womöglich sogar eine Einordnung als Medizinprodukt, was strengere Vorschriften bedeuten würde.

«Obwohl unsere Empfehlungen auf das US-amerikanische Regulierungssystem abzielen, können sie auch für andere Länder gelten, in denen diese Dienstleistungen vermarktet werden», schreibt die Gruppe in dem «Science»-Artikel.


Bildnachweis: © David-Wolfgang Ebener/dpa
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