11. November 2023 / Aus aller Welt

Jamaica Bay: Kampf gegen Klimakrise vor New Yorks Skyline

Yellowstone oder Yosemite kennen viele, aber auch mitten in New York gibt es eine Nationalparkstätte. Der «Gateway» bekommt fast neun Millionen Besucher pro Jahr - kämpft aber vor allem gegen die Klimakrise.

Die Skyline von Manhattan, im Vordergrund das Naturschutzgebiet Jamaica Bay Wildlife Refuge.

Rund um den See sind Kanadagänse, Silberreiher und Rotkardinäle zu erspähen, dazu Schildkröten und Monarchfalter - und hinter den gelbblühenden Goldruten am Horizont die Hochhäuser der Millionenmetropole New York. «Mehr als 300 verschiedene Vogelarten sind hier schon identifiziert worden», sagt Daphne Yun. «Für Fischadler sind spezielle Nest-Plattformen gebaut worden, die waren so erfolgreich, dass wir jetzt schon gar keine neuen mehr bauen müssen. Ein Adler-Pärchen kommt jedes Jahr, seit 32 Jahren.»

Yun trägt die grüne Uniform der US-Parkbehörde, sie arbeitet als Ranger, als Aufseherin im «Jamaica Bay Wildlife Refuge». Das Naturschutzgebiet gehört gemeinsam mit einigen anderen Gebieten im Großraum New York zur vor rund 50 Jahren gegründeten Nationalparkstätte «Gateway National Recreation Area». Fast neun Millionen Menschen pro Jahr kommen in das Gebiet - mehr Besucher als in den international deutlich bekannteren Nationalparks «Grand Canyon» und «Rocky Mountain» im Westen der USA zusammengezählt.

Die Wälder, Parks und Strände des «Gateway» sind ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Menschen der Millionenmetropole - aber spätestens seit 2012 der Wirbelsturm «Sandy» über New York wütete, sind sie auch die vorderste Front des Kampfs der Stadt gegen den Klimawandel. Insbesondere die «Jamaica Bay»: eine durch die schmale Rockaway-Halbinsel vom Atlantik getrennte Bucht im Südosten der Metropole entlang der Stadtteile Brooklyn und Queens, die rund 70 Quadratkilometer Wasser, Marschland und ein ganzes Insel-Archipel umfasst. Rund anderthalb Stunden dauert es von hier mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu den Hochhäusern von Manhattan.

Direkt neben dem Großflughafen JFK gelegen

Für viele New-York-Besucher ist die Jamaica Bay, deren Name nichts mit dem Inselstaat in der Karibik zu tun hat, sondern aus der Sprache der Lenape-Ureinwohner entlehnt ist, das erste, was sie von der Stadt sehen. Der Grund: Der Großflughafen John F. Kennedy ist direkt daran gebaut.

Und auch Zehntausende Menschen leben derzeit direkt an der Jamaica Bay. Schon jetzt erleben sie immer wieder Überflutungen, viele Häuser sind schon auf Stelzen hochgebaut worden. Wissenschaftler der New Yorker City-Universität warnen, dass aufgrund der steigenden Meeresspiegel und zunehmender Überflutungen das Leben direkt an der Bucht bis 2050 «nicht haltbar» und bis Ende des Jahrhunderts unmöglich sein könnte, wenn der Klimawandel sich weiter so entwickele wie derzeit.

Als Wirbelsturm «Sandy» 2012 über New York tobte, war die Gegend rund um die Jamaica Bay mit am schlimmsten betroffen. 44 Menschen kamen alleine in New York ums Leben, die Schäden für Infrastruktur, Gebäude und Wirtschaft beziffert die Stadt auf 19 Milliarden Dollar (etwa 18 Milliarden Euro). Im «Jamaica Bay Wildlife Refuge» rissen die Wassermassen einen Wall zwischen der Bucht und einem dahinterliegenden künstlich angelegten Frischwasser-See ein, der von vielen Zugvögeln als Platz zum Rasten genutzt wird. «Es hat einem den Atem geraubt, auf furchtbare Art und Weise», sagt Ranger Yun. «Da war ein Pfad und auf einmal war er weg.»

Küstenschutz mit Weihnachtsbäumen

Der Sturm habe aber das Engagement der Menschen in der Gegend für den Klimaschutz verstärkt, sagt Terri Carta von der Umweltorganisation Jamaica Bay-Rockaway Parks Conservancy. «Wir schauen jetzt, wie diese sehr verletzlichen Gemeinschaften, die um die Bucht herum leben, Teil von nachhaltigen Lösungen und einer besseren Zukunft sein können. Und das fängt aus unserer Sicht damit an, sie mit der Natur zu verbinden, die unsere Küsten schützt.»

Gemeinsam mit anderen Partnern haben die Umweltorganisation und die US-Parkbehörde den Wall wieder aufgebaut. Nun suchen sie nach der besten Art, ihn auch gegen mögliche künftige Stürme zu befestigen - mit einer für die Jamaica Bay völlig neuen Idee: «Wir wollten eine "lebendige Küste", also nur Dinge aus der Natur nehmen, um die Küste zu schützen», sagt Carta.

Neben Sand, Erde, Austernschalen, Bepflanzung und Matten aus Kokosfasern habe vor allem eins dabei gut funktioniert: Von New Yorkern nach Ende der Feiertage weggeschmissene Weihnachtsbäume. In Sackleinen aus Naturfasern gewickelt befestigen die Bäume nun ein Stück Küste der Jamaica Bay. «Wir sind dann bei Ebbe die Küstenlinie entlang gelaufen und haben beobachtet, was vom Wasser schnell wieder weggespült worden ist und was nicht. Die Weihnachtsbäume waren eine geniale Idee! Die haben funktioniert.»


Bildnachweis: © Christina Horsten/dpa
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