16. Mai 2024 / Aus aller Welt

Fast jeder zweite Wissenschaftler von Anfeindungen betroffen

Während der Corona-Zeit waren Forscherinnen und Forscher vor allem nach öffentlichen Auftritten oft mit Hasskommentaren bis zu Bedrohungen konfrontiert. Wie ist die Lage nach dem Ende der Pandemie?

Corona-Experte Christian Drosten wurde auf einem Campingplatz beleidigt und beschimpft.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind einer Studie zufolge zunehmend mit Anfeindungen, Beleidigungen und sogar Drohungen konfrontiert. In einer repräsentativen Befragung gab knapp die Hälfte der Forschenden (45 Prozent) an, in irgendeiner Form bereits Belästigungen beziehungsweise Angriffe erlebt zu haben.

«Die Mehrheit berichtete von einer Zunahme der Anfeindungen», sagte Clemens Blümel, der am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) die Studie leitete, der Nachrichtenagentur dpa. 70 Prozent der Befragten sagten, dass sie eine Zunahme von Wissenschaftsfeindlichkeit beobachteten. Über die Ergebnisse der repräsentativen Erhebung hatte zuerst die Wochenzeitung «Die Zeit» berichtet.

Christian Drosten - Beleidigt und beschimpft

Während der Corona-Pandemie berichteten viele Fachleute nach Medienauftritten von Beleidigungen und Hasskommentaren bis hin zu Morddrohungen. Der Virologe Christian Drosten schilderte als Zeuge vor Gericht, wie ihn auf einem Campingplatz in Mecklenburg-Vorpommern ein Paar beleidigt und beschimpft habe. Das Paar wurde wegen der verbalen Anfeindungen verwarnt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Noch Ende 2023 berichteten fast die Hälfte der vom DZHW Befragten von Angriffen, meist verbaler Art.

Die Anfeindungen betreffen Studienleiter Blümel zufolge nicht nur Professorinnen und Professoren, sondern Personen in allen Positionen der akademischen Gemeinschaft. Was die persönlichen Erlebnisse angeht, waren in der Befragung Mehrfachnennungen möglich. Am häufigsten (35 Prozent) wurden herablassende Äußerungen und bewusst verletzende Kritik genannt - mit dem Ziel, die Kompetenz des Forschenden anzuzweifeln.

In 12 Prozent der Fälle wurde von persönlicher Diskriminierung berichtet. Seltener waren Hassrede (7 Prozent) und Sachbeschädigung, Vandalismus oder gar Todesdrohungen (unter 5 Prozent). Die Befragten hatten auch die Möglichkeit zu offenen Antworten und schilderten ihre Erlebnisse konkreter. Eine Person erhielt demnach die Drohung: «Warte ab bis wir an der Macht sind, dann wirst du sehen was wir mit so Menschen wie dir machen!»

Die Studie des DZHW mit Sitz in Hannover entstand in Kooperation mit dem Projektverbund KAPAZ (Kapazitäten und Kompetenzen im Umgang mit Hassrede und Wissenschaftsfeindlichkeit). Seit Juli 2023 gibt es eine zentrale bundesweite Beratungsstelle für Forschende (Scicomm-Support), die Unterstützung bei konkreten Anfeindungen leisten will. Die Studienergebnisse sollen auch in die Arbeit dieser Beratungsstelle einfließen.


Bildnachweis: © Kay Nietfeld/dpa
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