30. August 2023 / Aus aller Welt

Extreme Meerestemperaturen: Korallen drohen auszubleichen

Eine Folge des Klimawandels ist das Absterben von Korallenriffen. Die Entwicklung könnte sich in diesem Jahr noch beschleunigen.

Eine Wissenschaftlerin überwacht das Korallenwachstum an Riffen im Indischen Ozean.

Fast ein halbes Jahr schon liegen die globalen Meerestemperaturen extrem hoch. Bei vielen Korallenriffen - insbesondere im Atlantischen Ozean - machen sich die Folgen inzwischen immer stärker bemerkbar. Aktuell seien etwa Riffe der Karibik und des Golfs von Mexiko stark betroffen, sagte Christian Wild, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Ökologie der Universität Bremen, der Deutschen Presse-Agentur. Dort seien die Wassertemperaturen derzeit extrem hoch.

«Einige Korallen sind dort bereits seit Juni gebleicht und ein Teil der Korallen wird absterben, denn die Bleiche wird andauern.» Auch für viele andere Riffe im Indischen und Pazifischen Ozean erwarte man in den nächsten Wochen und Monaten Bleichen.

Korallen können sich erholen

Steinkorallen muten eher wie Pflanzen an, sind aber sogenannte Nesseltiere. Als Bleiche wird ein Verblassen der oft farbenprächtigen Korallen bezeichnet. Sie leben mit verschiedenfarbigen Algen in einer Gemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen. Bei hohen Temperaturen stoßen die Korallen die Algen jedoch ab - und verlieren so ihre Farbe. Sie wachsen nicht mehr und können sich schlechter gegen Feinde und Konkurrenten wehren. Kehren die Mikroalgen innerhalb einer bestimmten Zeit zurück, weil sich die Wassertemperaturen wieder abkühlen, kann sich die Koralle erholen - andernfalls stirbt sie.

«In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Korallenbleichen drastisch zugenommen, so dass den Korallen immer weniger Erholungszeit bleibt», erklärte Wild. In diesem Jahr sind die Bedingungen besonders schlimm: Schon seit März weist die Oberfläche der Meere der US-Plattform «Climate Reanalyzer» zufolge global Rekordtemperaturen für den jeweiligen Monat auf. Im April und nun seit einiger Zeit erneut wurden Tageswerte von 21,1 Grad erfasst - das war in den rund 40 Jahren Aufzeichnung zuvor noch nie der Fall. Regional können die Wassertemperaturen wesentlich höher sein.

Auch Überdüngung und Überfischung spielen eine Rolle

Ein Extrem mit Folgen: Im Golf von Mexiko und in der Karibik habe die Korallenbleiche dieses Jahr zwei Monate früher als sonst begonnen. «Die Bleiche breitet sich aktuell aus und wird sicherlich noch einige Wochen bis Monate weitergehen, bis die Temperaturen sich wieder ausreichend abgekühlt haben», betonte Wild. Typischerweise dauere es nur ein paar Tage, bis die Korallen bei langsam ansteigenden Wassertemperaturen über ihren artspezifischen Wohlfühlbereich zu bleichen beginnen. «Für die meisten Korallenarten beginnt die Bleiche bei circa 32 Grad».

Neben der Erwärmung des Meerwassers spielten auch die Versauerung sowie Faktoren wie Überdüngung und Überfischung beim Absterben von Korallen eine Rolle, so Wild. Zur Unterstützung der Nesseltiere seien bestimmte Maßnahmen entscheidend: «den Klimawandel stoppen oder zumindest stark einschränken und die Riffe stärken, indem andere Stressfaktoren wie die Überfischung und die Überdüngung stark reduziert werden». Zudem seien wissenschaftliche Ansätze wie das gezielte Ausbringen hitzetoleranterer Steinkorallen und moderne Wiederaufforstungsmethoden hilfreich.

Mangel an Nährstoffen

Einer kürzlich im Fachjournal «Nature» vorgestellten Studie zufolge könnte es im Zuge der Erderwärmung regional auch zu einem Mangel an Nährstoffen für Korallen kommen. «Wärmere Oberflächengewässer können weniger Nährstoffe aus tieferen Wasserschichten aufnehmen», erläuterte Mitautorin Cecilia D’Angelo von der University of Southampton. «Die verringerte Wasserproduktivität kann zu weniger Nährstoffen für die Symbionten und damit zu weniger Nahrung für die Korallentiere führen.»

Den Analysen zufolge können Korallentiere zwar kurze Hungerperioden überstehen, indem sie sich von ihren Symbionten ernähren, zumindest einige Korallenriffe könnten aber im Zuge anhaltender Nährstoffverarmung vom Verhungern bedroht sein.


Bildnachweis: © Nick Graham/Lancaster University/dpa
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