14. Juni 2023 / Aus aller Welt

EU-Umweltagentur warnt vor sommerlichem Extremwetter

Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände: Die Aussichten für den Sommer in Europa sind laut EU-Umweltagentur EEA gar nicht gut. Wird Extremwetter zur Normalität?

Dürre in Spanien. Extreme Trockenheit ist längst nicht mehr nur ein Problem für Menschen in fernen Weltregionen wie Afrika oder Australien.

Die ersten Waldbrände in verschiedenen Teilen der Bundesrepublik, vielerorts ungewöhnlich langanhaltend hohe Temperaturen, dazu die jüngsten Überschwemmungen im Norden Italiens: Der Frühsommer hat es in sich - und ist voraussichtlich nur der Auftakt für weitere heiße und trockene Monate. Unter Klimaexperten sorgt man sich, dass der Sommer viele weitere Extremwettereignisse mit sich bringen könnte. Die EU-Umweltagentur EEA machte am Mittwoch klar, dass sich Europa besser auf klimabedingte Wetterkapriolen vorbereiten müsse, darunter Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände.

Hitze in Deutschland - Regen am Mittelmeer?

«Die Aussichten für diesen Sommer sehen - auch auf der Basis, dass wir in Deutschland schon seit fast fünf Wochen keinen richtigen Regen mehr hatten - eher nach einem trockenen, heißen Sommer aus», schätzt die Klimaexpertin Kristina Fröhlich vom Deutschen Wetterdienst DWD ein. Im Mittelmeerraum könnte es dagegen mehr Regen geben. «Es ist auf jeden Fall eine ungewöhnliche Wetterkombination, die wieder sehr lange anhält und für diese Extremerscheinungen sorgen kann.»

Wetterextreme wie diese nimmt die in Kopenhagen ansässige EEA nun genauer in einer Online-Plattform unter die Lupe. Unter dem Titel «Extremes Sommerwetter in einem sich verändernden Klima: Ist Europa vorbereitet?» zeigt sie auf, wie sich Extremwetterereignisse zunehmend auf die Bevölkerungen, Volkswirtschaften und Natur in Europa auswirken und womit nach wissenschaftlichen Prognosen in Zukunft zu rechnen ist. Ihr Ausblick: insgesamt pessimistisch.

«Aufgrund unseres sich verändernden Klimas wird das Wetter in Europa extremer», betont die EU-Behörde. Sie listet eine Reihe von Wetterextremen auf, die Europa in diesem Sommer bevorstehen könnten:

Hitzewellen

Sie werden nach EEA-Angaben im Zuge des Klimawandels häufiger, intensiver und langanhaltender. Der Sommer 2022 sei bereits ein «Sommer der Hitzewellen» gewesen. Er war tatsächlich der wärmste, den man in Europa jemals verzeichnet hat: In Spanien und Portugal stiegen die Temperaturen teils auf über 45 Grad Celsius, Hitzerekorde wurden aber auch unter anderem in Schweden gemessen. Und Hitze tötet, wie sich in der sommerlichen Übersterblichkeit in vielen Ländern zeigte, vor allem in der dreiwöchigen Hochsommerphase ab Mitte Juli 2022. In Deutschland wurden im Juli zwölf Prozent mehr Todesfälle verzeichnet als im Schnitt der Juli-Monate der vier Vorjahre.

Beim DWD hat man mit saisonalen Vorhersagen eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit berechnet, dass den Menschen ein heißer, trockener Sommer 2023 bevorsteht. Im Dreimonatsmittel könnte es Temperaturabweichungen von ein bis zwei Grad von der Bezugsperiode 1991-2020 geben, sagt Fröhlich. «Das bedeutet viele heiße Sommertage mit über 30 Grad, die dann sehr anstrengend sind für die Europäer und auch für uns hierzulande.»

Mit Blick auf Hitzeschutz kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag an, hitzebedingten Gesundheitsgefahren und Todesfällen besser vorzubeugen. Dafür soll in den kommenden Wochen ein «Hitzeplan Deutschland» erstellt werden, der sich an einem entsprechenden Plan Frankreichs orientiert. Lauterbachs Botschaft: Man sei in Deutschland gegen den Hitzetod nicht gut aufgestellt.

Überschwemmungen

Überschwemmungen wie die in Norditalien werden der EEA zufolge ebenfalls häufiger und heftiger. Es werde damit gerechnet, dass sie besonders in Nordwest- und Mitteleuropa zunehmen. Um die schlimmsten Auswirkungen wie bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 zu verhindern, seien dringend Anpassungsmaßnahmen notwendig.

Dabei geht es nicht nur um Leben, sondern auch um die Lebensexistenz vieler Menschen. Wie die EEA vorrechnet, beliefen sich die Schäden durch Überschwemmungen von 1980 bis 2021 auf fast 258 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Die deutschen Versicherer warnten am Mittwoch angesichts zunehmender klimabedingter Wetterextreme bereits vor stark steigenden Beiträgen für Gebäudeversicherungen.

Dürren

Auch Dürren sind längst nicht mehr nur ein Problem für Menschen in fernen Weltregionen wie Afrika oder Australien: Seit 2018 sei mehr als die Hälfte Europas von extremen Dürrebedingungen betroffen gewesen, schreibt die EEA. Die Ernteerträge etwa von Mais, Sojabohnen und Olivenöl seien durch die Trockenheit 2022 erheblich zurückgegangen, und der bereits trockene und warme Winter verheiße nichts Gutes für diesen Sommer.

Langfristige Klimaprognosen deuten darauf hin, dass es im Laufe des Jahrhunderts gerade in Süd- und Mitteleuropa noch trockener wird - mit verheerenden wirtschaftlichen Folgen für die Landwirtschaft, aber auch mit Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung.

Waldbrände

Waldbrände wie derzeit in Deutschland wird es ebenfalls häufiger geben. Auch das hat mit dem Klimawandel zu tun: «Die meisten Waldbrände in Europa werden durch menschliche Aktivitäten ausgelöst, aber die klimatischen Bedingungen - trockene und heiße Phasen mit starken Winden - bestimmen ihre Intensität und Auswirkungen», erklärt die EEA. Mit einer abgebrannten Fläche von der doppelten Größe Luxemburgs sei die Waldbrandsaison des Sommers 2022 die zweitschlimmste seit der Jahrtausendwende gewesen.

Infektionskrankheiten

Als wäre das nicht genug, steigt mit dem Klimawandel auch das Risiko von Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber: Ein wärmeres Klima bedeute, dass sich sowohl heimische als auch nicht-heimische Krankheitsüberträger wie Zecken und Mücken nach Norden ausbreiten und höhere Lagen erreichen könnten, merkt die EEA an.

Um all diesen Problemen zu begegnen, seien die Anpassung an den Klimawandel und die bessere Vorbereitung darauf von entscheidender Bedeutung, unterstreicht die EEA. Dem pflichtet DWD-Expertin Fröhlich bei: Für diesen Sommer müsse man längst vorbereitet sein, auf die kommenden sowieso. «Man muss ein gutes Wassermanagement haben und alles umstellen, damit man sowohl auf Hitze vorbereitet ist als auch auf extreme Flut- und starke Regenereignisse», sagt sie.


Bildnachweis: © Emilio Morenatti/AP
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