4. November 2022 / Aus aller Welt

Dauerhafte Sommerzeit würde Wildunfälle leicht reduzieren

Durch die Umstellung auf die Winterzeit wird es morgens früher hell und abends früher dunkel. Das hat einer US-Studie zufolge Auswirkungen auf die Zahl der Wildunfälle im Straßenverkehr.

Ein Reh überquert in der Abenddämmerung eine Landstraße. Einer US-Studie zufolge könnte ein ganzjähriges Verbleiben bei der Sommerzeit Wildunfälle reduzieren.

Einer US-Studie zufolge könnte ein ganzjähriges Verbleiben bei der Sommerzeit Wildunfälle etwas reduzieren. Etwa 2,3 Prozent weniger Zusammenstöße zwischen Hirschen und Fahrzeugen würde diese komplette Umstellung pro Jahr nach sich ziehen, wie ein Forscherteam im Fachblatt «Current Biology» schreibt. Aufgrund der Zeitumstellung im Herbst auf die Winterzeit seien beispielsweise plötzlich mehr Menschen nach Sonnenuntergang auf den Straßen unterwegs. Direkt in der Woche nach dieser Umstellung kommt es den Forschern zufolge daher sogar zu einem 16-prozentigen Anstieg solcher Kollisionen.

Das Risiko einer Kollision hänge davon ab, wie sehr sich die Aktivitäten von Menschen und Hirschen überschneiden. Hirsche und verwandte Tierarten sind dämmerungsaktiv, also vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung unterwegs. Entsprechend kamen Zusammenstöße den Forschern zufolge am Abend nach Sonnenuntergang 14-mal häufiger vor als zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Außerdem ist der Herbst die Paarungszeit der Tiere, in der ihre Aktivitäten zunehmen, was die Gefahr von Zusammenstößen ohnehin erhöht.

Gefahr im Dunkeln

In Deutschland gibt es der Deutschen Wildtier Stiftung zufolge keine entsprechenden Zahlen zum Zusammenhang zwischen den Wildunfällen und der Zeitumstellung. «Wenn die Rushhour in der Dämmerungszeit beziehungsweise Dunkelheit ist, dann ist natürlich die Gefahr für Wildunfälle größer, das ist klar», sagte die Sprecherin der Stiftung Inga Olfen jedoch. «Aber wirklich belastbare Daten dafür, dass wir durch die Zeitumstellung in den paar Tagen eine höhere Unfallzahl haben, sind uns nicht bekannt.» Die Stiftung geht davon aus, dass sich durch die Umstellung der Höhepunkt an Wildunfällen nur um ein paar Wochen nach vorne verlagert. Er würde auch bei gleichbleibender Zeit, wenn auch etwas schleichender, kommen.

Auch Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband (DJV) hat keine Daten zu einer Korrelation zwischen der Zeitumstellung im Herbst und einer erhöhten Zahl an Zusammenstößen. Mit Blick auf die Morgenstunden sagt er: «Durch die Zeitumstellung werden die Tiere von einem Tag auf den anderen mit deutlich mehr Verkehr in der Dämmerung konfrontiert.» Normalerweise habe das Wild bei einer gleichbleibenden Zeit und immer kürzeren Tagen eine gewisse Möglichkeit sich an den Straßenverkehr anzupassen. Die meisten Wildunfälle ereignen sich laut Tierfund-Kataster des DJV - einer Datenbank, die die Tiere bundesweit erfasst - insgesamt im Herbst zwischen sechs und neun Uhr morgens.

Damhirsche und Wildschweine betroffen

Durch die Zeitumstellung erfolgt laut Reinwald der Beginn der morgendlichen Rushhour von Berufspendlern plötzlich in der Dämmerung - statt zuvor im Dunkeln - und damit während der höchsten Aktivität der Tiere. In Deutschland komme es in dieser Jahreszeit vor allem mit Damhirschen und Wildschweinen zu Unfällen. Die mittelgroße Hirschart hat jetzt Paarungszeit und ist besonders im Norden Deutschlands viel unterwegs. Auch bei den Wildschweinen steht die Paarungszeit an, zusätzlich verlagern sie ihren Lebensraum von den abgeernteten Feldern zurück in die Wälder.

Der Deutsche Jagdverband empfiehlt generell besonders in der Dämmerung die Geschwindigkeit entlang unübersichtlicher Wald- und Feldränder zu reduzieren. «Wenn ich im Scheinwerferkegel die Reflexion von Tieraugen sehe am Straßenrand, dann sollte ich auf jeden Fall abblenden, also das Fernlicht ausschalten», sagte Reinwald. Hirsche oder Rehe würden in der Dämmerung extrem scharf und gut sehen. Und für die Tiere fühle sich Fernlicht vergleichsweise so an, «als hätten sie eine Nachtsichtbrille auf und ihnen würde mit der Taschenlampe einer in die Augen leuchten.» Sie sehen Reinwald zufolge nichts mehr und werden orientierungslos. Lautes Hupen nehmen Tiere hingegen als Gefahr wahr und flüchten weg von der Straße.

Autofahrerinnen und -fahrer sollten dann bremsen und das Lenkrad festhalten. «Ein unkontrolliertes Ausweichmanöver ist immer die schlechteste Lösung, also lieber einen kontrollierten Zusammenstoß in Kauf nehmen», riet Reinwald. Bei einem unkontrollierten Manöver sei ansonsten die Gefahr groß, in den Gegenverkehr zu kommen oder gegen einen Baum zu fahren.

Sollte es doch zu einem Unfall kommen, dann gelte es Ruhe zu bewahren und sich selbst in Sicherheit zu bringen - per Warnblinkanlage, Warnweste und Warndreieck. Ein totes Tier könne mit Handschuhen auf die Seite geräumt werden, um Folgeunfälle zu verhindern. «Wenn das Tier noch lebt und schwer verletzt ist, dann auf jeden Fall sofort Abstand halten», erklärt Reinwald. In jedem Fall sollte die Polizei informiert werden, die sich dann mit dem örtlichen Jäger in Verbindung setzt. Dieser könne eine Wildunfallbescheinigung ausstellen, das Tier erlösen oder auch nachsuchen.


Bildnachweis: © Robin Loznak/ZUMA Wire/dpa
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