4. Dezember 2021 / Aus aller Welt

USA: Eltern des Schul-Schützen plädieren auf nicht schuldig

Die US-Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Eltern des minderjährigen Todesschützen von Michigan, weil sie ihm Zugang zur Tatwaffe erlaubt haben sollen. Jetzt wurden die Flüchtenden gefasst.

Deputies des Oakland County Sheriffs untersuchen das Gelände vor dem Haus der Eltern des mutmaßlichen Täters.

Die US-Polizei hat die flüchtigen Eltern des 15-Jährigen, der an einer Schule im Bundesstaat Michigan vier Menschen erschossen haben soll, festgenommen.

Sie wurden nach eintägiger Fahndung im nahen Detroit gefunden, erklärte das Büro des Sheriffs im Bezirk Oakland am Samstag. James und Jennifer C. seien im ersten Stock eines Fabrikgebäudes in Detroit entdeckt und ohne Zwischenfälle festgenommen worden, sagte Detroits Polizeichef James White. Die Eltern sind wegen vierfachen Totschlags angeklagt.

Die Eltern plädieren auf nicht schuldig

Zwei Anwältinnen, die das Ehepaar vertreten, erklärten hingegen, die beiden hätten die Stadt zu ihrer Sicherheit verlassen und seien freiwillig zurückgekehrt. Die Polizei hatte wenige Stunden nach Verkündung der Anklage am Freitag eine Großfahndung gestartet.

James (45) und Jennifer C. (43) plädierten vor Gericht am Samstag auf nicht schuldig. Sie seien von den Ereignissen genauso «erschüttert» wie alle anderen Menschen, sagte eine ihrer Anwältinnen. Die zuständige Richterin legte die Kaution gemäß dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft auf jeweils 500.000 US-Dollar fest (rund 450.000 Euro). Im Falle einer Freilassung müssten die Eltern jederzeit einen GPS-Monitor tragen und weitere Auflagen erfüllen, hieß es.

Die Verteidigung hatte ein Kautionssumme von maximal 100.000 US-Dollar vorgeschlagen. Staatsanwältin Karen McDonald forderte jedoch, angesichts der Schwere der Vorwürfe, der Beweislast und des mutmaßlichen Fluchtrisikos solle die Kaution möglichst hoch angesetzt werden. Die Tat des Sohnes habe die ganze Gemeinschaft traumatisiert. «Diese zwei Individuen hätten es verhindern können», sagte McDonald.

McDonald hatte am Freitag erklärt, die Eltern hätten die Tatwaffe gekauft, ihrem minderjährigen Sohn Zugang zu der Pistole erlaubt und Warnungen ignoriert. Eine Anklage gegen die Eltern eines Täters bei einem solchen Gewaltakt in Schulen sei sehr selten, aber in diesem Fall seien die Fakten «ungeheuerlich», sagte sie.

Der 15-Jährige hat nach Polizeiangaben am Dienstag mit der Waffe, die sein Vater erst Tage zuvor gekauft hatte, vier Schüler getötet. Zudem verletzte er sechs Schüler und eine Lehrerin. Die Anklage geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Der Zehntklässler ist unter anderem wegen Terrorismus mit Todesfolge und vierfachem Mord angeklagt. Zu der Terror-Anklage sagte McDonald, in Michigan sei eine Tat mit Todesfolge gegen eine Gruppe von Menschen Voraussetzung dafür.

Eine verstörende Zeichnung

McDonald sagte weiter, Vater James habe die Waffe am 26. November in Anwesenheit des Sohnes gekauft. Der Sohn habe noch am selben Tag in sozialen Medien ein Foto davon mit dem Kommentar «Habe heute meine neue Schöne bekommen» veröffentlicht, sagte McDonald. In seiner High School in Oxford nördlich der Metropole Detroit sei der Sohn von einem Lehrer erwischt worden, als er im Internet nach Munition suchte. Die Schule habe die Mutter telefonisch und per Email informiert, aber keine Antwort erhalten, schilderte McDonald. Die Mutter habe dem Sohn daraufhin folgende SMS geschrieben: «LOL - Ich bin nicht sauer. Du musst lernen, nicht erwischt zu werden.»

Am Morgen der Tat fand eine Lehrerin demnach bei dem späteren Schützen eine Zeichnung, die sie so verstörend fand, dass sie ein Foto davon machte. Zu sehen war darauf laut Staatsanwaltschaft eine Zeichnung der Waffe. Zudem stand dort: «Die Gedanken wollen nicht aufhören. Helft mir.» Neben der Zeichnung einer Kugel befanden sich demnach die Wörter «überall Blut», an anderer Stelle hieß es: «die Welt ist tot». Daraufhin seien die Eltern sofort an die Schule zitiert worden. Der Sohn habe die Zeichnung noch vor dem Treffen mit den Eltern abgeändert. In der Besprechung hätten die Eltern den Sohn nicht gefragt, ob er seine Waffe bei sich hätte, erklärte McDonald.

«Die Vorstellung, dass ein Elternteil diese Worte liest und weiß, dass sein Sohn Zugang zu einer tödlichen Waffe hatte, die sie (die Eltern) ihm gegeben haben, ist unvorstellbar. Und ich denke, es ist kriminell», sagte McDonald vor Journalisten.

Die Eltern hätten sich geweigert, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen, daher sei er zurück ins Klassenzimmer gegangen. Sie hätten auch seinen Rucksack nicht auf die Waffe hin durchsucht. Als dann bekannt wurde, dass jemand an der Schule auf Menschen schoss, schrieb die Mutter ihrem Sohn eine Nachricht mit den Worten: «tue es nicht».

Strengere Waffengesetze sind nicht in Sicht

In den USA kommt es immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen, weil Schützen an Schulen das Feuer eröffnen. Das Waffenrecht in den USA unterscheidet sich je nach Bundesstaat, aber Schusswaffen wie Pistolen und Sturmgewehre sind meist verhältnismäßig leicht zu bekommen. Strengere Waffengesetze scheitern in der Regel an den Republikanern im Kongress und an der mächtigen Waffenlobby. US-Präsident Joe Biden hat Maßnahmen zur Eindämmung von Waffengewalt in Aussicht gestellt, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse.


Bildnachweis: © Uncredited/The Flint Journal/dpa
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