6. März 2020 / Kunst & Kultur

Neuer Münsterland-Krimi: Sabine Gronover "Edles Geblüt"

Neuer Münsterland-Krimi: Sabine Gronover "Edles Geblüt"

Edles Geblüt

„Ein Mord in Warendorf? Da gibt es doch nur Reitunfälle.“ Hier irrt sich die Freundin des Polizisten Dirk Kemper ganz gehörig.

Balthasar Fromm, ein eher unbekannter Autor, wird nämlich ausgerechnet dort nach seiner Lesung in einem Lokal auf offener Straße erschossen. Zuvor hatte er an der Bar etwas über Schuld und Unglück erzählt und mit einer Waffe die Gäste bedroht.

Zwei bewaffnete Männer an einem Abend in einem beschaulichen Ort wie Warendorf - das ruft Kommissar Schmitt auf den Plan, der sich zur Verstärkung den Polizisten Dirk Kemper aus Oelde ins Team holt. Beinahe zeitgleich verschwindet ein wertvoller Zuchthengst aus dem Landgestüt. Zwischen diesen beiden scheinbar unabhängigen Verbrechen in einer der wichtigsten Pferdestädte Europas ist schnell ein Zusammenhang gefunden. Doch dann geraten Schmitt und Kemper mit einem Mal in einen wahren Strudel aus kriminellen Vorfällen, Intrigen und der Suche nach einem mysteriösen Manuskript, das sozusagen das Drehbuch für die Vorfälle gewesen sein soll. Und davon profitiert einer ganz besonders: Der tote Autor

Die Autorin
Sabine Gronover, geboren 1969 in Hamm-Heesen, studierte Diplom-Pädagogik und Kunsttherapie an der WW Universität Münster und arbeitet als Therapeutin an der LWL-Klinik Münster sowie auf einer Palliativstation und im Hospiz. Sie lebt mit Ihrer Familie und einigen Tieren auf dem Land in Mersch-Drensteinfurt.

Guten Tag, Frau Gronover,
nach ihrem Krimi „Wölfe im Münsterland“, für den eine wahre Wolfsgeschichte Ideengeber war, widmen Sie sich in Ihrem neuen Krimi einem Mordfall auf einem Warendorfer Landgestüt. Diente hier ebenfalls eine reale Begebenheit als Ideengeber für den Roman?
Als ich mit dem Buch begann, gab es Ermittlungen beim NRW-Landgestüt in Warendorf. Die Nachrichten rund um angeblich kriminelle Machenschaften reizten mich aus verschiedenen Gründen. In mancherlei Hinsicht scheint die Zeit an solchen Orten stillzustehen. Aber allmählich wird diese Männerdomäne von Frauen übernommen und auch weibliche Lehrlinge sind dort keine Seltenheit mehr.

Balthasar Fromm, ein eher unbekannter Autor, wird nach seiner Lesung in einem Lokal auf offener Straße erschossen. Zeitgleich verschwindet ein wertvoller Zuchthengst aus dem Landgestüt. Sie holen gleich zu Beginn Ihres Romans eine Menge actiongeladene Spannung in das sonst so beschauliche Warendorf. Welche Beziehung haben Sie eigentlich zu dem Ort des Geschehens – sowohl zu Warendorf als auch zu Pferdegestüten – privat?
Ich selbst stehe den edlen Rössern nach einem schweren Reitunfall kritisch gegenüber und kann ihnen nicht mehr ganz vertrauen. Allerdings war bei meinem Unfall auch ein merkwürdiger Todesfall beteiligt, und es war tatsächlich der Blutgeruch einer Leiche, der mein Pferd damals zum Durchgehen brachte und schließlich zu einem fatalen Sturz führte. Also auch eine beinahe kriminelle Geschichte. Ich verbinde mit Pferden aber auch sehr schöne Zeiten, tolle Ausritte und wunderbare Momente. Der Hof Schulze-Gronover, der in der Widmung erwähnt wird, ist der heimatliche Hof meines Mannes und er besitzt seit langem einen Namen in der Pferdezucht und Reiterei. Er liegt in Greven und findet namentlich zum ersten Mal im 13. Jahrhundert Erwähnung. Mein Wohnort Drensteinfurt gehört dagegen zu der schönen alten Kreisstadt Warendorf, und wenn man über dieses beschauliche Städtchen schreibt, kommt man an den Pferden, die überall im Ort als Statuen herumstehen, nun mal nicht vorbei. Warendorf ist ein großer Kreis, und zugleich eine nette kleine Stadt. Auf einer Lesung bat mich eine Buchhändlerin, doch auch mal ihre Berufssparte im Krimi aufzunehmen, und so mischt neben einem Landgestüt eben auch die Buchhandlung und ihre Besitzerin in diesem Krimi mit.

Wie bereits im Vorgänger-Roman „Wölfe im Münsterland“ sind es Kommissar Schmitt aus Warendorf und Polizist Dirk Kemper aus Oelde, die den Fall übernehmen. Was hat Sie dazu bewogen, zwei Männer als Protagonisten für Ihre Krimi-Serie zu wählen?
Ich habe eher den Eindruck, diese beiden haben sich die Fälle ausgesucht und sind auf mich zugekommen. So etwas ist bei mir keine bewusste Entscheidung. Aber in meiner therapeutischen Arbeit begegnen mir zumindest im Suchtbereich sehr viele Männer und ich lerne einiges über ihre Sichtweisen kennen. Ich spiele im Buch manchmal gerne mit männlichen Eitelkeiten, möchte aber keine typischen Vorurteile bedienen. Es gibt ja auch einige männliche Kollegen, die bewusst eine weibliche Perspektive wählen. Ist es nicht fantastisch, dass ich im Leben zwar auf meine eigene Perspektive festgelegt bin, als Gestalterin von Geschichten aber wechseln kann? Ich könnte sogar aus dem Blickwinkel eines Einhorns berichten, wenn ich möchte.

Was ist das Besondere an den beiden Ermittlerfiguren?
Sie könnten verschiedener nicht sein. Kommissar Hugo Schmitt ist deutlich älter als Polizist Dirk Kemper, er ist verwitwet, lässt sich aber keineswegs hängen. Er findet, dass eine perfekte Figur alles tragen kann, sein Körper allerdings besser mit gut ausgewählter edler Kleidung Alter und Bäuchlein kompensiert. Schmitt ist in den Fällen immer der Leidtragende, wenn es um Tiere geht, denn er fürchtet sich vor jedem Tier, das größer als ein Beagle ist, und daher wählt er sich den jungen ehrgeizigen Polizisten Kemper gerne als Partner. Schmitt ist hingegen der Profi, wenn es um den Umgang mit schwierigen Menschen geht. Dirk Kemper ist mutig, sportlich und charmant, mitunter flegelhaft und ein bisschen eitel. Er stürzt sich auch mal mit mehr Motivation als Überlegung in die Aufträge, die Schmitt ihm erteilt, was nicht immer ohne Komplikationen ausgeht. Seinem Chef treu ergeben, vertritt er aber durchaus eine eigene Meinung. Dass seine Mutter ihn noch mit Essen und frischem Obst versorgt, darf Kempers Freundin Ella nicht wissen. Mütterliche Fürsorge wirkte in seinem Alter so pathologisch, findet er.

Wie gehen Sie konzeptionell beim Plot vor, wenn Sie einen Krimi planen? Spielen Ihre beruflichen
Erfahrungen als Therapeutin dort mit rein?
Ich plane meinen Plot nicht, ich habe eine Grundidee, oft sind es nur ein Thema und zwei Figuren, und dann nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die Figuren sind oft das Schlüsselelement einer Geschichte. Ich lasse mich von deren Handeln treiben und inspirieren, und die Entdeckung des Mörders, die Aufklärung des Falls ist auch für mich stets eine Überraschung. Meine Arbeit als Therapeutin prägt ganz bestimmt vieles Zwischenmenschliche im Text, so vor allem Charakterdarstellungen und Lebensgeschichten der Akteure. Denn davon bekomme ich eine Menge zu hören, auch aus dem kriminellen Umfeld. Es gibt aber nie einen direkten Zusammenhang, sondern eher eine unterbewusste Fügung.

Was ist Ihnen beim Scheiben in punkto Stilistik wichtig?
Mir ist es wichtig, die Figuren authentisch zu gestalten, anschaulich und handelnd. Meine Figuren dürfen ein paar Macken haben, und ihnen gelingt auch nicht immer alles. Mir selbst fällt auf, dass ich selten Charaktere kreiere, die durchweg schlecht sind, sondern ihre Motive erklären sich aus ihren Lebensereignissen. Dabei wechselt die Perspektive im Münsterlandkrimi, während ich in meiner Dänemarkserie aus der Sicht einer Person erzähle. Ich bin beim Schreiben grundsätzlich nicht festgelegt, sondern habe in meinen Büchern bislang unterschiedliche Perspektiven gewählt. Mal passt der auktoriale Erzählstil, weil ich Abstand schaffen möchte, vielleicht sogar mit einem hochmütigen Blick auf die Handlung. Ich mag es aber auch, in die Rolle einzelner Akteure zu schlüpfen und durch ihren Blickwinkel die Geschichte weiterzuerzählen. Und mitunter ist auch die Ich-Perspektive verlockend. Leider muss ich mich pro Buch entscheiden. Zudem mag ich Vergleiche, Humor und flotte Dialoge.

Nach einem Fußballspiel heißt es so schön: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Dürfen wir uns auf eine
Fortsetzung freuen?
Kommissar Schmitt sagt auf der letzten Seite des Buches „Edles Geblüt“: „In Telgte ist ein Mann tot aufgefunden worden. Wahrscheinlich wurde er von einem Wildschwein getötet.“ Sollte es einen dritten Band geben, wissen wir alle, dass nicht nur ein Wildschwein für den Tod verantwortlich war.

Herzlichen Dank für das Interview.

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