3. Oktober 2023 / Kunst & Kultur

NACHBARSCHAFT Amsterdam, Gelsenkirchen, Osnabrück, Münster – vier Tanzstücke, eine Vision

Kleines Haus: Premiere am Freitag, 20. Oktober 2023 um 19.30 Uhr

Theater Nachbarschaft

Der Tanzabend Nachbarschaft vereint die künstlerischen Visionen von vier international bekannten Choreograf*innen auf einer Bühne. Sie alle sind für ihre Choreografien mehrfach ausgezeichnet worden, haben Erfahrungen in der Leitung von Tanzkompanien gesammelt und lassen sich für dieses Projekt vom Westfälischen Frieden inspirieren: Anouk van Dijk, Marguerite Donlon, Giuseppe Spota und Lillian Stillwell.

Für das Tanzensemble birgt dieser Tanzabend einige besondere Herausforderungen: Sie müssen vier sehr unterschiedliche Bewegungssprachen erarbeiten und sich mit vier verschiedenen choreografischen Stilistiken auseinandersetzen. 

In dieser Varianz der Körperbewegungen, der Vielfalt der Bewegungssprachen, ihrer Umsetzung innerhalb kürzester Zeit und somit der körperlichen Auseinandersetzung mit diesen vier verschiedenen Herangehensweisen entsteht ein verkörpertes Bild für den Prozess von Friedensverhandlungen: Für den Frieden müssen sich verfeindete Parteien aufeinander zubewegen – ideell, kognitiv, räumlich. Mit dem (körperlichen) Akt des Sich-Aufeinander-Zubewegens für den Frieden setzen sich auch die vier Choreografien von Nachbarschaft auf die unterschiedlichste Art und Weise auseinander.

Neben der Vision – bei aller Varianz im Kern auch eine gemeinsame Sprache des Friedens zu finden – ist es ein Ziel dieser Produktion, die Sichtbarkeit und das Interesse für den Tanz in der Region zu stärken. Das Publikum kann zum einen vier aussergewöhnliche Choreograf*innen an nur einem Abend kennenlernen. Die Tanzschaffenden wollen ebenfalls über ihren Tellerrand, den hauseigenen Ballettsaal hinausschauen und in den direkten künstlerischen Austausch mit den Choreograf*innen und ihren Ensembles treten. So soll es auch während der Proben um die Bewegung des Aufeinanderzu gehen: Das Tanzensemble wird zu den Choreograf*innen reisen und diese werden ebenso am Theater Münster zu Gast sein. 

Um auch diesen Prozess ausserhalb der Probenräume sichtbar zu machen, wird der Dokumentarfilmer Bowie Verschuuren den Entstehungsprozess von Nachbarschaft filmisch begleiten. Seine Aufnahmen werden ebenfalls Teil von Nachbarschaft sein. 

Ruff Celts
Marguerite Donlon greift für dieses schwarzhumorige und dynamische Tanzstück auf ihre irischen Wurzeln zurück. Ausserdem stellt sie die einzigartigen Persönlichkeiten der Tänzer*innen in den Fokus ihrer Choreografie. Energiegeladen, skurril und visuell beeindruckend erforschen die Tänzer*innen ihre eigenen Stimmen und setzen sich mit ihren Wurzeln und ihrer Herkunft auseinander. Ruff Celts ist Donlons Hommage an ihre irische Heimat. 

Blank
„Ein leeres Blatt wird Stück für Stück gefüllt, wenn wir beginnen, es zu beschreiben. Wie ein leeres Blatt Papier ist auch unser Körper, wenn wir geboren werden. Im Verlauf unseres Lebens füllen wir dieses Blatt nach und nach mit Leben, mit Liebe, mit Zorn, mit Freundschaft, mit Erinnerungen und Enttäuschungen – mit unzähligen Farben.“, sagt Giuseppe Spota über seine Choreografie Blank, die von John Adams Streichseptett Shaker Loops begleitet wird. Die zitternden, zarten Klänge von John Adams‘ Komposition, die weißen Kostüme der Tänzer*innen und die zaghafte Eroberung des Bühnenraumes stehen für den Beginn einer Reise.

Gentle is the Power
Anouk van Dijk erkundet in ihrer Choreografie die Kraftverhältnisse einer Paarbeziehung. Körperlich in den Extremen nährt sich das tanzende Paar gleichermaßen mit Gewalt und mit Zärtlichkeit, mit Mut und Anmut, mit Kontrolle und Kontrollverlust. Anouk van Dijk sagt selbst über ihre Choreografie: „Gentle is the Power ist eine delikate und doch schonungslose Studie über Extreme und untersucht, wie wir uns selbst im Griff behalten können, wenn wir uns über unsere Komfortzone hinausbewegen.“ 

Oslo
Der Oslo-Prozess sollte 1993 Frieden für den Nahostkonflikt bringen. Die zwischenmenschlichen Begegnungen, die hohe Emotionalität und das Potenzial zur Wandlung verhärteter Meinungen, die diesen Friedensprozess begleiteten, sind Ausgangspunkt für Lillian Stillwells Choreografie. Mit nur vier Tänzer*innen zu den rhythmischen Klängen von Minoru Miki spürt sie diesem Prozess nach, an dessen Anfang grösstes Misstrauen stand, das schliesslich in ein einvernehmliches Händeschütteln gewandelt werden konnte. 

Dokumentarfilm
Dokumentarfilmer Bowie Verschuuren war unterwegs mit dem Tanzensemble in Gelsenkirchen, Amsterdam und Münster und hat gemeinsam mit den Tänzer*innen die Choreograf*innen „zuhause“ besucht.  Entstanden sind kurze Filme, die uns einen Blick in die tänzerische und choreografischr Arbeit werfen lassen. In Gesprächen über Frieden und Verhandlungen kommen außerdem die vier Choreograf*innen persönlich zu Wort. 

ANHANG
Biografien
Anouk van Dijk
Anouk van Dijk ist eine niederländische Choreografin, Regisseurin und künstlerische Leiterin. Sie ist die Begründerin des Bewegungssystems Countertechnique und war von 2012 – 2019 künstlerische Leiterin der australischen zeitgenössischen Tanzkompanie Chunky Move. Zuvor leitete Van Dijk von 1998 bis 2012 ihre eigene Tanzkompanie in Amsterdam.  Van Dijk inszeniert ihre Arbeiten in einer Vielzahl von Settings, vom Blackbox-Theater über große Proszeniumsbühnen bis hin zu ortsspezifischen Arbeiten, die vom Festival d'Avignon über die Dance Triennale Tokyo bis hin zum Festival TransAmériques und dem Theater der Welt aufgeführt wurden. Sie schuf mit dem Autor/Regisseur Falk Richter sieben groß angelegte Werke, darunter u.a. für die Schaubühne Berlin und das Schauspielhaus Düsseldorf. Seit 2019 arbeitet Van Dijk international als freischaffende Choreografin und kreierte unter anderem für das Staatsballett Berlin, die Münchner Kammerspiele, die Malmö Opera.  

Marguerite Donlon
Marguerite Donlon, geboren in Irland, ist eine international arbeitende, mehrfach ausgezeichnete Choreografin und Regisseurin, die in der Welt des zeitgenössischen Tanzes für ihre innovativen und fesselnden Beiträge bekannt ist. Während ihrer Karriere als Tänzerin beim English National Ballet und der Deutschen Oper Berlin arbeitet Donlon mit Tanzlegenden wie Jiří Kylián, William Forsythe, Meg Stuart u.a. zusammen. Marguerite Donlon choreografierte und kreierte für zahlreiche Kompanien weltweit (wie z.B. NDT ll, Stuttgarter Ballett, Rambert Dance London, Staatstheater am Gärtnerplatz München, Komische Oper Berlin, Ballet Ireland, Portugiesisches Nationalballett, Hubbard Street Dance Chicago, Deutsche Oper Berlin, Bolschoi Ballett, Badisches Staatsballett, BalletX Philadelphia, Oper Graz, Tanz Münster) und leitete als Direktorin die Ballett- bzw. Tanzensembles der Stadt- und Staatstheater Saarbrücken, Hagen und Osnabrück.

Giuseppe Spota
Giuseppe Spota wurde 1983 in Bari, Italien geboren. Er war u.a. Ensemblemitglied des Balletto di Roma und arbeitet in den Folgejahren mit Choreografen wir Jirí Kylián, Ohad Naharin, William Forsythe, Mauro Bigonzetti, Christian Spuck, Paul Lightfoot/Sol Leon, Hans van Manen, Itzik Galili, Francesco Nappa und Eric Gauthier zusammen. Während der intensiven Zusammenarbeit mit Stephan Thoss am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, wird Spotas Interesse für die Choreografie geweckt. Als mehrfach ausgezeichneter Choreograf kreierte Spota seither Stücke für Tanzkompanien im In- und Ausland, u. a. am Staatstheater Mainz, am Theater Dortmund, am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, bei der Zagreb Biennale 2019 und am Theater Regensburg sowie für Aterballetto, Junior Balletto di Toscana und für das Agora Coaching Project RE. Am Theater Dortmund debütierte er als Opernregisseur mit Philip Glass‘ Echnaton. Seit der Spielzeit 2019/2020 ist Giuseppe Spota Direktor der MiR Dance Company Gelsenkirchen.

Lillian Stillwell
Lillian Stillwell arbeitet international als freiberufliche Choreografin und ist seit 2022 Tanzdirektorin und Chefchoreografin am Theater Münster.  Ihr Stil verbindet körperliche und emotionale Virtuosität mit präziser Musikalität.   Nach einer 15-jährigen Tanzkarriere in den USA und Europa, zuletzt am Staatstheater Kassel mit Johannes Wieland, choreografiert Lillian Stillwell seit 2013 an Theatern wie dem Theater Basel, der Oper Graz, der Oper Zürich, der Philharmonie Luxemburg, der Königlichen Oper Kopenhagen und dem Niederländischen Nationalen Oper & Ballett.  Zu den Höhepunkten ihrer ersten Spielzeit am Theater Münster zählen die Eröffnungsproduktion von Tanz Münster FURIEN, die Einladung ihrer Choreografie Die Vier Jahreszeiten zum internationalen Tanzfestival Tanzplattform Bern und das neu-etablierte Format TanzNAH, das zahlreichen Münsteraner*innen ermöglicht mit Tanz und Tänzer*innen in Kontakt zu kommen. 

Bowie Verschuuren
Bowie Verschuuren begann bereits in der Schule mit dem Drehen von Kurzfilmen, die jedoch in vielen Fällen scheiterten. Trotzdem studierte er anschließend Filmwissenschaft und Philosophie an der Universität Amsterdam und erkor das Filmemachen zu seinem Hauptberuf. Seine Arbeit zeichnet sich durch einen starken visuellen Stil, die Betonung von überzeugenden Kompositionen und dem Einsatz von Licht und Schatten aus. Er arbeitet zusammen mit Künstler*innen aus den Bereichen Musik, Tanz und Theater, führte Regie und drehte mehrere Musikvideos für den in Amsterdam lebenden Künstler Benedict October.  Zusammen mit Pamela Kalkman inszenierte er Pesada Pluma (2019), einen Dokumentarfilm über die Ermordung eines Journalisten, der an der paraguayisch-brasilianischen Grenze gedreht wurde und unter anderem bei Go Short Nijmegen, dem Malaga Film Festival und dem Movies That Matter Film Festival gezeigt wurde. 

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