29. Oktober 2020 / Bildung & Wissenschaft

Laien helfen häufig bei Bränden – begehen aber einige Fehler

Psychologen untersuchen erstmals mit einem Experiment das Verhalten im Ernstfall

Brand

Foto (WWU - Lena Tangelder): Die WWU-Psychologen untersuchten mit einem angezündeten Kissen, wie die 64 Studienteilnehmer auf den Brand reagierten. 


Jedes Jahr gibt es in Deutschland rund 200.000 Brände. Die Feuerwehr muss in acht bis 15 Minuten den Einsatzort erreichen. Deshalb ist das Eingreifen von Laien bis zum Eintreffen der Feuerwehrleute häufig entscheidend. Aber können Laien ohne Feuerwehrausbildung einen Brand löschen – und wie verhalten sie sich dabei? Dieser Frage sind jetzt erstmals Psychologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) nachgegangen. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Ergonomics“ erschienen.

„Die Studie zeigt, dass Laien in hohem Maße motiviert sind, einen sogenannten Entstehungsbrand selbst zu bekämpfen“, erklärt Prof. Dr. Meinald Thielsch von der Arbeitseinheit Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der WWU, der die Studie mit durchführte. „95 Prozent der 64 Testpersonen unternahmen in unserem Experiment einen Löschversuch – ohne Schulung oder Einweisung.“ Die Forscher haben das hypothetische Verhalten der Testpersonen nicht nur mithilfe von Fragebögen untersucht. Sie führten auch einen standardisierten Brandversuch durch, bei dem die Teilnehmer ein brennendes Kissen vorfanden. Die Analyse umfasst psychologische Faktoren wie Stress, das psychische Befinden und die Handlungsintentionen. Außerdem werteten die Psychologen die Videoaufzeichnungen des Brandexperiments mit Feuerwehrexperten aus.

Den Testpersonen unterliefen beim Löschversuch mehrere Fehler, durch die sie sich selbst in Gefahr brachten. Zum einen versperrten sie sich durch das Schließen von Türen den  Fluchtweg. Zum anderen löschten sie nicht das Kissen, sondern hielten das Löschmittel in Richtung der Flammen. Dadurch dauerte es länger, bis die Flammen erstickt waren. Auch die Körperhaltung der Teilnehmer war gefährlich. Sie bewegten sich nicht geduckt auf das Feuer zu, sondern in aufrechter Haltung, wodurch sich das Risiko erhöhte, giftigen Rauch einzuatmen. „Diese Fehler machten 90 Prozent der Teilnehmer. Trotzdem gelang es fast allen Laien das Feuer zu löschen. Aus psychologischer Sicht hierfür entscheidend ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die möglichst einfache Handhabung des Löschsprays“, erläutert Meinald Thielsch.

Für die Feuerwehren, Sicherheitsverantwortliche sowie Arbeitgeber ergeben sich mehrere Schlussfolgerungen und Anregungen aus der Studie. Brandschutzschulungen für Laien sollten eine praktische Übung enthalten und regelmäßig wiederholt werden. Rein theoretische und zu lang zurückliegende Schulungen bergen das Risiko eines falschen Vertrauens in die eigenen Löschfähigkeiten und damit einer erhöhten Selbstgefährdung. Laien müssen im Rahmen solcher Schulungen lernen, wie schnell sich ein Feuer entwickeln kann und dass es nur eine sehr kurze Zeit zum Handeln gibt. Dabei müssen Laien auch lernen, wie wenig Zeit ihnen zur Flucht bleibt, sobald ein Feuer sich ausbreitet.

Die Studie entstand in Kooperation mit dem Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen in Münster und dem Verein zur Förderung des deutschen Brandschutzes e.V. - sie ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „Techniken zur Branderkennung, Bekämpfung und Selbstrettung in der frühesten Brandphase“ (TEBRAS).

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