12. November 2021 / Bildung & Wissenschaft

Erkenntnisse über die größten Ammoniten der Welt

Riesenammonit in Münster unter der Lupe

Ammonit

Foto (LWL/Oblonczyk): Der größte Ammonit der Welt steht im LWL-Museum für Naturkunde in Münster.


Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster beherbergt den größten Ammoniten der Welt, "Parapuzosia seppenradensis". Seit 1895 ist das 1,74 Meter große und über drei Tonnen schwere Fossil im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zu sehen. Jetzt ist es Gegenstand einer neuen wissenschaftlichen Studie.

Dr. Christina Ifrim, Paläontologin und Leiterin des Jura-Museums Eichstätt, hat mit einem Forscher-Team der Universität Heidelberg, der Universität Portsmouth und mexikanischen Kollegen aus dem Museo del Desierto, Saltillo, Coahuila in einer neuen Studie 154 Exemplare der Riesenammoniten-Gattung "Parapuzosia" aus Europa und Mexiko untersucht und verglichen, um mehr über deren Verbreitung und Entwicklung herauszufinden. Die Ergebnisse präsentierten die Wissenschaftler:innen am Donnerstag (11.11.) zusammen mit Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs im LWL-Museum für Naturkunde.

Ammoniten sind eine ausgestorbene Gruppe der Kopffüßer ("Cephalopoda") und mit den heutigen Tintenfischen verwandt. Riesenformen dieser Tiere, wie auch "Parapuzosia seppenradensis", bewohnten die Meere vor allem in der späten Kreidezeit vor 90 bis 65 Millionen Jahren. Am Ende der Kreide (vor 66 Millionen Jahren) starben die Ammoniten gemeinsam mit den Dinosauriern aus.


Prof. Dr. Hermann Landois, Direktor und Gründer des damaligen Westfälischen Provinzialmuseums für Naturkunde, begrüßte 1895 das riesige Fossil im Museum. Foto: Bildarchiv LWL-Museum für Naturkunde

1895 erhielt Prof. Dr. Hermann Landois, Direktor und Gründer des damaligen Westfälischen Provinzialmuseums für Naturkunde, ein Telegramm des Kaufmanns, Zoologen und Heimatforschers Theodor Nopto: "Seppenrade. 
 Riesenammonit gefunden. Durchmesser 1,80 m. Nopto." Dieser Fund ist nach wie vor der größte, der weltweit gefunden worden ist. Seit 2006 begrüßt er die Besucher:innen im Foyer des Museums. "Über die Jahrzehnte ist der Riesenammonit zum Wahrzeichen für unser Haus geworden, deswegen ist es besonders spannend, wenn wir mehr über ihn erfahren", so Jan Ole Kriegs.

Fossilien-Funde von "Parapuzosia seppenradensis" waren bisher äußerst selten, daher ist über ihre Entwicklungsgeschichte bisher wenig bekannt. Das Wissenschaftler-Team um Christina Ifrim verglich insgesamt 154 "Parapuzosia"-Exemplare, die vor 85 bis 80 Millionen Jahren den Atlantischen Ozean der Oberen Kreidezeit bewohnten. 110 davon wurden in Mexiko und England direkt im Gelände gefunden - ein Glücksfall, denn so koFoto: Bildarchiv LWL-Museum für Naturkundennte die zeitliche Abfolge nun rekonstruiert werden. Die Forscher:innen analysierten dabei die exakten Gehäuse-Maße der Fossilien, ihre Wachstumsstadien und die geografische Verteilung ihrer Vorkommen über die Zeit.

Die Analysen zeigen, dass bereits die frühesten Formen von "Parapuzosia seppenradensis" vor 83 Millionen Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks - in Europa und Mittelamerika - lebten. Ihre Vorfahren ("Parapuzosia leptophylla") hingegen waren zunächst nur auf der europäischen Seite und erst später auch im Golf von Mexiko heimisch.

Die Paläontolog:innen konnten im Laufe der Evolution auch eine deutliche Größenzunahme des Gehäuses von einem bis zu 1,8 Metern feststellen. Einige Kopffüßer wurden zu dieser Zeit ebenfalls größer, aber keiner so groß wie "Parapuzosia". Die Forscher:innen sehen hier einen möglichen Zusammenhang mit der gleichzeitigen Größenzunahme bei Mosasauriern, die an der Spitze der Nahrungskette in den kreidezeitlichen Meeren standen.
Überrascht hat die Paläontolog:innen die Verteilung der Fossilien innerhalb ihrer Fundstellen: Oft fanden sich Gehäuse von ausschließlich erwachsenen Tieren konzentriert in sehr eng begrenzten Bereichen. Nahe gelegene Areale desselben Fundgebietes dagegen brachten oft keine Reste von "P. seppenradensis" zu Tage. "Dies könnte ein Hinweis auf eine sogenannte monozyklische Fortpflanzungsstrategie sein. Dabei pflanzt sich ein Organismus nur ein einziges Mal in seinem Leben sexuell fort, bevor er stirbt", interpretiert Christina Ifrim ihre Beobachtung. 

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