Foto (LWL/Nikolaus Urban): "Sandsteinretterin" Dr. Brite Graue kämpft gegen den Verfall von Jahrhunderte alten Sandstein-Skulpturen.
Mit Beginn der nasskalten Jahreszeit beginnt für historische Bauwerke aus Sandstein die härteste Prüfung: Regen, Frost und Feuchtigkeit greifen das empfindliche Gestein an und lassen jahrhundertealte Skulpturen langsam verschwinden. Die LWL-Restauratorin Birte Graue möchte das verhindern. Mit handwerklicher Präzision und moderner Technik schützt sie den Baumberger Kalksandstein vor dem Verfall.
"Insbesondere historische Skulpturen sind Zeitzeugen unserer Geschichte. Sie zeigen uns, wie früher gelebt, gedacht und gefühlt wurde. Das fasziniert mich, das möchte ich unbedingt erhalten", sagt Graue, Referatsleiterin für Restaurierung und Informationsdienste im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
Kalksandstein seit über 1.000 Jahren in Westfalen-Lippe
Der Baumberger Kalksandstein prägt seit über 1000 Jahren Westfalen-Lippe: Schlösser, Kirchen, Wegekreuze und Bildstöcke sind aus dem feinen Material gefertigt. Der feinporige Stein ist besonders attraktiv, weil er mit leichtem Werkzeug sehr detailliert bearbeitet werden kann. Genau das macht ihn aber auch außergewöhnlich anfällig für Umwelteinflüsse.
Bedrohung im Winter: Gefrorenes Wasser sprengt den Stein
Seine feine Porenstruktur saugt Wasser langsam, aber stetig auf. Das Wasser dringt tief in die Poren ein, gefriert im Winter, dehnt sich aus - und sprengt den Stein. "Dieses Problem finden wir in ganz Westfalen-Lippe. Zahlreiche bedeutende Baudenkmäler und Bildhauerwerke sind hier aus Baumberger Kalksandstein. Hinzu kommt der Klimawandel. Mehr Regen, mehr Feuchtigkeit, dazu Frostperioden. Eine gefährliche Mischung", sagt Graue, die in der LWL-Denkmalpflege Expertin für die Restaurierung von Sandstein ist.
Erster bundesweiter webbasierter Praxisleitfaden
Um dieses Kulturerbe zu bewahren, hat Graue jetzt gemeinsam mit anderen Fachleuten den ersten bundesweiten webbasierten Praxisleitfaden für Natursteindenkmäler (https://www.lwl-steinkonservierung.de/de/) entwickelt. Per Smartphone lassen sich Schadensbilder abgleichen, Pflegetipps abrufen und Handlungsoptionen einschätzen. "Viele Menschen wollen ihre Denkmäler schützen, wissen aber nicht wie. Unser Leitfaden nimmt ihnen die Unsicherheit", erklärt sie.
Der neue Praxisleitfaden richtet sich nicht nur an Fachbehörden, sondern auch an private Denkmaleigentümer, die den empfindlichen Sandstein jetzt im Herbst vor der Witterung schützen möchten. "Es lohnt sich, diesen besonderen Stein zu bewahren. Er erzählt unsere Geschichte - vom Telgter Pilgerpfad bis zu den großen Schlossanlagen", so Graue.












