17. November 2023 / Allgemein

600 Jahre Haus Bergstraße 9 in Münster

Baugeschichtliche Datierung von Münsters ältestem Fachwerkhaus auf das Jahr 1423

Bergstr. 9

Foto (LWL/Kaspar): Die Bergstraße 9 mit der Kneipe "Bit-Pünte" im Jahr 1978.

Der Bauforschung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ist es gelungen, das exakte Baudatum für das Haus in der Bergstraße 9 in Münster zu ermitteln: Es stammt aus dem Jahr 1423. Das 2020 vor dem Abbruch gerettete Baudenkmal ist damit nicht nur der älteste erhaltene Fachwerkbau in Münster und der viertälteste bekannte in ganz Westfalen, sondern feiert 2023 sein 600-jähriges Bestehen. "Ein spektakulärer Befund", freut sich LWL-Chefdenkmalpfleger Dr. Holger Mertens.


Grafik (LWL-Denkmalpflege): Münster, Bergstraße. Rekonstruktion des Fachwerkhauses von 1423. Ansicht von Nordosten.

Bereits 2020/21 identifizierte die LWL-Bauforschung das Haus an der Bergstraße 9, vielen Münsteraner:innen als "Bit-Pünte" bekannt, als das älteste erhaltene Fachwerk-Stadthaus in Münster. Vorübergehende Sicherungsmaßnahmen sind derzeit vor dem Haus als starke Holzpfosten sichtbar. Bei einer denkmalpflegerischen Zustandsbegutachtung traten viele Details des alten Fachwerks ans Tageslicht, die spätmittelalterlicher Tradition folgen. Sie gaben Anlass, die Entstehung des Hauses mindestens im 16. Jahrhundert anzunehmen.

Der nun gesicherten Datierung gingen mehrere Anläufe voraus, was an der schwierigen Probenlage hing, so Dr. Michael Huyer, Leiter des LWL-Referats für Inventarisation und Bauforschung. Schließlich gelang sie mit naturwissenschaftlicher Unterstützung durch die Kombination aus Radiokarbondatierung und Auswertung von Baum-Jahresringen (Dendrochronologie).


Foto (LWL/Flüge): Bergstraße 9 in Münster heute: Das niedrig angesetzte, steile Dach und die schmalen "Traufgassen" links und rechts des Hauses sind Hinweise auf das hohe Alter. Vorübergehende Sicherungsmaßnahmen sind vor dem Haus als starke Holzpfosten sichtbar.

Damit ist das Haus in der Bergstraße 9 genau 600 Jahre alt. Was das für die Wissenschaft bedeutet, erläutert LWL-Bauforscher Dr. Bernhard Flüge: "Bisher hatten wir in Münster keine greifbare Vorstellung von den Häusern der einfachen Bürger und Handwerker dieser Zeit. Anhand dieses letzten erhaltenen Hauses können wir sehen, dass verbohlte Fachwerkhäuser, die fast komplett aus Holz bestanden, im Spätmittelalter die Hauslandschaft Münsters mitgeprägt haben." Und nicht nur das: Vergleiche mit ähnlichen Objekten zeigen, dass Münster für die Entwicklung der Holzbauweise in der Region eine führende Rolle einnahm. Wie das Haus kurz nach seiner Erbauung aussah, veranschaulicht eine digitale Rekonstruktion, die die LWL-Experten auf Grundlage ihrer Daten erstellt haben.

Einmal mehr erweist sich das Baudenkmal, das die Stadt Münster 2020 gekauft hat, als einzigartige Geschichtsquelle, wie Huyer betont: "Mithilfe der neuen Ergebnisse erscheinen auch spätmittelalterliche Bild- und Schriftquellen zur Stadtgeschichte Münsters in einem neuen Licht." Wissen, das ohne den Erhalt der historischen Bausubstanz unwiederbringlich verloren gegangen wäre, so Mertens. "Dieses Haus zeigt, wie wichtig der Erhalt der originalen Bausubstanz ist, weil nur sie als authentische Quelle untersucht werden kann. Eine Baudokumentation alleine hätte nicht zum vorhandenen Ergebnis geführt - weder betreffend Datierung noch Konstruktion noch Rolle für Hausforschung und Stadtgeschichte."

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